Montag, 20. August 2018

Für eine Kugel Eis


In Wiesbaden zahlte ich vor kurzem 1,30€ für eine Kugel Eis. Und ich will Ihnen hier zeigen, daß man für diesen Betrag ein WLAN aufbauen kann. Nun gut, ganz komme ich mit diesem Betrag nicht hin, ich brauchte dafür 1,37€. Ich bitte Sie, mir diese kleine Ungenauigkeit durchgehen zu lassen.

Dies hier ist der Computer, der dieses WLAN aufbaut:


Links sehen Sie eine SIM-Karte in Standardgröße, in der Mitte die Platine, die den Computer enthält, und rechts sehen Sie zum Größenvergleich eine 1€-Münze. Sie sehen, dieser Computer ist nicht sehr groß, so ca. 14 x 25 mm.

Und hier finden Sie den Beleg: Für dieses Teil habe ich 1,37€ bezahlt, und dabei auch nur ein Exemplar bestellt:


Und das ist der Computer, der dies alles macht: ESP8266. Hier sehen Sie die Details:

© Wikipedia

Ein kleiner Hinweis: das mäandernde Band im oberen Teil der Platine ist die Antenne.


Internet

Mit diesem Gerät kann ich jetzt ins Internet gehen. Vorher muß ich aber noch ein paar Einstellungen vornehmen. Nach dem Einschalten des Computers (d.h. dieses Teil wird mit Strom versorgt) kann man sich mit dem WLAN verbinden und sieht dann eine Seite mit der Konfiguration:

Konfiguration des kleinen Computers
Konfigurations-Seite Übersicht WLANs

Im ersten Bild sehen Sie die Einstellmöglichkeiten zum WLAN, das dieser Computer aufbaut. Hier habe ich in der zweiten Gruppe (= AP Settings) eingegeben, wie sich dieses WLAN gegenüber der Öffentlichkeit präsentieren soll (SSID=EineKugelEis, kein Passwort). Und in der ersten Gruppe (= STA Settings) haben ich eingegeben, wie sich dieser Computer mit dem Internet verbinden kann.

Das zweite Bild stammt von meinem Smartphone. Darauf sehen Sie, daß dieser kleine Computer in der Tat ein WLAN mit dem Namen EineKugelEis aufbaut und mein Smartphone sich bereits mit diesem WLAN verbunden hat.

Funktioniert dies auch? Mein Smartphone hat sich bereits mit diesem WLAN verbunden, aber ich könnte auch ein Tablet oder ein Notebook dafür nehmen. Auf einem solchen Gerät kann ich nun den Browser verwenden und darüber ins Internet gehen. Zur Prüfung einer Internetverbindung verwende ich gerne diese Seite: TimeAndDate.com. Diese Seite sendet Datum und Uhrzeit via Internet und die angezeigten Werte kann man dann mit der aktuellen Uhrzeit vergleichen. Bei einer funktionierenden Verbindung sind die angezeigten Werte korrekt. Zum Zeitpunkt meines Test erhielt ich diese Anzeige:


Datum und Uhrzeit stimmten, der Ort war falsch. Naja, aber die Internetverbindung über diesen kleinen Computer funktioniert.

Sie müssen mir dies nicht glauben, ich bin gerne bereit, dies auch öffentlich zu demonstrieren.


Grund der Demonstration

Innerhalb der Stadt Wiesbaden beginnt man allmählich mit der Diskussion über ein öffentliches, von der Stadt Wiesbaden gesponsertes WLAN. Wiesbaden ist da spät dran, wie Sie als Leser dieses Blogs sicher schon bemerkt haben. Und da die Stadtverwaltung und die Stadtpolitik diese Entwicklung erfolgreich verschlafen hat, hat man keine Erfahrungen zu Aufwand und Wartung eines solchen Netzes. Der Magistrat der Stadt Wiesbaden schätzt die durchschnittlichen Kosten für die Installation eines öffentlichen WLANs auf ca. 15.000€, nach meiner Meinung ist dies eine astronomische Zahl.

Ich bin anderer Meinung. Man kann für einen wesentlich niedrigeren Betrag ein funktionierendes WLAN aufbauen, wie dies Freifunk permanent vorführt. Immerhin hat Freifunk ca. 350 öffentliche WLAN-Knoten in Wiesbaden aufgebaut, und dies als Privatpersonen. Und Sie als Privatperson haben vermutlich auch einen Internetanschluß in Ihrer Wohnung, möglicherweise darüber sogar WLAN. Was hat Sie die Installation dieses WLANs gekostet? Sehen Sie.


Aus dem Land des Lächelns

Den von mir verwendeten und oben abgebildeten Computer habe ich aus China bezogen. Nun kennen Sie vermutlich den Begriff China-Schrott, aber dies gilt nicht für dieses Teil, das ist eher High-Tech Made in China. Um es in den Worten eines Computer-Nerds auszudrücken: es handelt sich um eine CPU mit 32 Bit Verarbeitungsbreite, die mit 80 MHz getaktet ist. Dazu kommt noch Flash-Memory als Speicher plus ein paar weitere Kleinigkeiten wie WLAN. Und es funktioniert.

Ich habe eine Information vergessen: Bezahlt habe ich einen Betrag von 1,37€. In diesem Betrag enthalten war der Versand des Produkts per Brief von China nach Deutschland an meine Adresse.


Alles wird teurer

So sagt man. Dies gilt aber nicht für Computerleistung. So wurde der erste PC von IBM für etwa 20.000 DM verkauft, während ein heutiger Standard-PC vielleicht 500€ (entspricht ca. 1.000 DM) kostet. Dies bedeutet eine Preissenkung von ca. 8-9% pro Jahr. Und bitte vergleichen Sie die Leistungsfähigkeit der heutigen PCs mit der Leistungsfähigkeit des ersten PCs - das ist bei dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt.

Und dies gilt natürlich auch für WLAN.

WLAN verwendet man, wenn man mehrere Teilnehmer mit dem Internet verbinden will, und das ohne Kabelsalat. Die Technik ist genormt, ausgereift und preiswert. Man kann es einfach aufstellen und installieren; manche Administratoren konfigurieren den Zugang zum Internet sogar so, daß sich das Smartphone ganz einfach und ohne Probleme damit verbinden kann (das will aber nicht jeder, leider).


Kritik

Natürlich ist dieser kleine Computer nicht die Antwort auf alle Fragen zum Thema WLAN. So ist dieser kleine Baustein nicht geeignet, die gesamte Fußgängerzone mit WLAN zu versorgen. Es gibt noch einige weitere Kritikpunkte daran, aber die finden Sie sicher selbst heraus.

Dies ist eine Machbarkeitsstudie, also ein proof of concept (so nennt man das doch heute). Man kann WLAN aufbauen für wesentlich weniger als 15.000€. Das wollte ich zeigen.


Eine Kugel Eis

Sofern die Stadt Wiesbaden Speiseeis herstellen und verkaufen würde, würde dann eine Kugel Eis auch 15.000€ kosten?


Danksagung

Ein Dankeschön geht an dieses Projekt: martin-ger/esp_wifi_repeater, denn diese Software verwende ich im Rahmen meines Projekts.

Ebenfalls danken möchte ich Samuel vom CCC Wiesbaden für die Unterstützung.