Dienstag, 18. Februar 2020

Frau Merkel und die Sicherheit der IT-Systeme


Computer (und Netzwerke) sind die Nervenstränge einer modernen Gesellschaft. Und so wie Menschen an den Nerven erkranken können (Stichworte: MS, ALS, usw.), so leiden heutige Gesellschaften, wenn Computersysteme beeinträchtigt werden oder gar ausfallen.

Am Dienstag, den 11. Februar, war Safer Internet Day (und der Tag des Notrufs 112). Mit diesem Tag für mehr Internetsicherheit sollte dieses Thema in den Vordergrund gerückt werden, wovon ich allerdings nicht viel bemerkt habe. Immerhin hatte sich einige Tage vorher die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel zu diesem Thema in der Form eines Podcasts geäussert:


Diesen Podcast können Sie auch als PDF-Datei holen und darin die Stellungnahme lesen: Transkript Podcast „Safer Internet Day“ 07.02.2020.

Aus diesem Podcast möchte ich einige Sätze zitieren:

Am kommenden Dienstag ist der Safer Internet Day, ein Aktionstag der Europäischen Union. Es geht dabei um die Datensicherheit. Dieses Thema ist für die Bürgerinnen und Bürger, aber natürlich auch für die Wirtschaft, aktueller denn je.

Zitate ohne Quellenangabe in diesem Text beziehen sich immer auf diesen Podcast. In allen anderen Fällen gebe ich die Quelle an.


Anmerkungen zum Podcast

Schon in der Einleitung zu ihrem Vortrag findet sich ein grundlegender Fehler: Die Sicherheit des Internets ist etwas anderes als Datensicherheit.

Und so geht es weiter:

Die Grundlage für die Sicherheit im Internet ist die europäische Regelung, die sogenannte Datenschutzgrundverordnung.

Nein, die DSGVO ist nicht die Grundlage der Sicherheit des Internets. Sie kann nicht die Grundlage der Sicherheit des Internets sein, denn, so sagt man, sind es häufig russische, chinesische oder nord-koreanische Hacker, die unsere Computer angreifen. Und ob diese Personen deutsche Gesetze überhaupt lesen können bzw. lesen wollen, das wage ich doch zu bezweifeln. Beachten wollen sie diese Gesetze sicher nicht. Und die DSGVO beeinträchtigt sicher nicht diese Hacker in ihrer Arbeit.

An einigen Beispielen möchte ich die Bedeutung der Sicherheit des Internets verdeutlichen:

Wasserversorgung

Die Aufbereitung von Wasser und die Versorgung der einzelnen Bürger wird von Computern überwacht bzw. per Computer gesteuert. Diese Computer werden per Internet mit der Zentrale verbunden, wo die Überwachung der Anlage erfolgt. Die Steuerung der Wasserversorgung hängt von Computern und Netzwerken ab.

Stromversorgung

Ähnlich gilt dies auch für die Erzeugung und Verteilung elektrischen Stroms.

Strassenverkehr

Ampeln werden per Computer zusammengeschaltet. Ein Lagezentrum hat den Überblick über den Verkehr auf den Strassen. Ohne Computer und Netzwerke geht das nicht.

Produktion

Computer überwachen Roboter und sonstige Maschinen, melden Fehler und berichten über Materialverbrauch, Qualität der erzeugten Produkte usw. Dafür werden viele Computer eingesetzt, die natürlich vernetzt sein müssen.

Botnetz

Vielleicht waren Sie auch betroffen, als im November 2016 reihenweise Telefon- und Internetanschlüsse der Deutschen Telekom ausfielen.

Seit Sonntagmorgen verzeichnet der Bonner Telekommunikations-Konzern bundesweit Probleme bei seinen DSL-Anschlüssen. Mehr als 900.000 der etwa 20 Millionen Festnetz-Kunden sind betroffen, teilweise können sie ihren kompletten Anschluss nicht mehr nutzen. Wer bei der Telekom eines der Magenta-Komplettangebote gebucht hat, konnte daher teils weder telefonieren noch im Internet surfen noch fernsehen....

Quelle: Hacker-Attacke: Telekom-Router sollten Teil von weltweitem Botnetz werden vom 28.11.2016

Es dauerte Tage, bis diese Systeme wieder funktionierten.

Aktion der "Guten"

Es sind nicht immer die "bösen" Hacker, die Computersysteme angreifen. Westliche Geheimdienste attackierten die iranischen Aktivitäten im Bereich Atomenergie: Stuxnet. Dazu wurde eine Art Computer-Virus eingeschleusst, der dann die entsprechenden Steuerungscomputer für die Zentrifugen im Anreicherungsprogramm infizierte. Diese so infizierten Steuerungscomputer gaben dann falsche Anweisungen an die Zentrifugen und zerstörten sie vermutlich dadurch, wobei die Software gleichzeitig an den Leitstand "vernünftige" Werte weitergab.

Aber das war ja eine Aktion der "Guten".


Weitere Beispiele finden Sie hier:


"Sicheres-Internet-Gesetz"

Wir haben in Deutschland ein sogenanntes IT-Sicherheitsgesetz, das wir jetzt auch weiterentwickeln wollen...
Das heißt, aus dem IT-Sicherheitsgesetz von 2015 wird das IT-Sicherheitsgesetz 2.0.

Wir haben jetzt ein Gesetz, das wir weiterentwickeln wollen zur Version 2.0. Dann wird ja alles gut werden.

Berührungspunkte

Natürlich gibt es Berührungspunkte zwischen Sicherheit im Internet und Datensicherheit. Ein schlecht gesichertes Computersystem erlaubt es einem Fremden (= Hacker), in dieses System einzudringen und dort gespeicherte Daten abzugreifen. Einen solchen Vorfall nennt man gerne Datenreichtum".

Auf ein schlecht gesichertes System hatte ich in diesem Blog auch schon einmal hingewiesen: TLS (vom 2. 1. 2017).

Datensicherheit setzt gesicherte Computersysteme voraus, Sicherheit im Internet bedeutet aber mehr als nur das Verhindern des Zugriffs Unbefugter auf Daten.

Hass

Und natürlich darf heutzutage ein Hinweis auf Hass nicht fehlen:

Das Thema Hass und Gewalt und auch extremistische Parolen im Internet ist ein Riesenthema – leider –
...
Deshalb haben wir im Oktober des letzten Jahres ein Maßnahmenpaket für den Kampf gegen Rechtsextremismus und Hass und Gewalt im Internet aufgelegt.

Entschuldigung, aber dies ist ein komplett anderes Thema. Hass und Gewalt hat nichts mit der Sicherheit des Internets zu tun.


Bewertung

Unsere Bundeskanzlerin hat etwas zum Thema Internet gesagt, auch wenn der Inhalt ihrer Ansprache am Thema vorbeiging.

Nun wird das Thema Digitalisierung auch in dieser Bundesregierung behandelt, wenn auch von allen denkbaren Stellen:

  • Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
  • Staatsministerin für Digitalisierung
  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
  • Digitalkabinett, IT-Rat und IT-Planungsrat, Digitalrat und Datenethikkommission
  • Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
  • usw.

Und bei der Vielzahl beteiligter Stellen darf man nicht erwarten, daß inhaltlich sinnvolles herauskommt. Die meiste Zeit dürften die beteiligten Stellen mit Abstimmungen beschäftigt sein.

In manchen Unternehmen wird es (angeblich) heute so gemacht:

Am Wochenende setzt sich Bosch-Chef Volkmar Denner hin und wieder an den Rechner seines Sohnes und programmiert neuronale Netze. Spielerisch beschäftigt sich der Chef des weltgrößten Automobilzulieferers auf diese Weise mit künstlicher Intelligenz (KI) – und will seinen Mitarbeitern damit ein Vorbild sein.

Quelle: Wo Tesla den Deutschen meilenweit enteilt ist vom 10.2.2020

Vielleicht sollte sich Frau Merkel auch gelegentlich an den Computer setzen. Und sei es nur, um Solitär zu spielen.


"Wie wichtig das Thema Cybersicherheit ist? Das spricht für sich."

Und zum Abschluß dieses Textes möchte ich es noch mal so richtig 'cybern' lassen:


Sonntag, 2. Februar 2020

Einhunderttausend Euro


100.000€, das ist eine Menge Geld, finde ich. Und da es sich in diesem Fall um Steuergelder handelt, darf und möchte ich fragen, was man damit gemacht hat.

Das Thema WLAN ist in dieser Stadt ein Trauerspiel und auf diesem Blog ein Dauerthema. Und da es immer noch kein flächendeckendes öffentliches WLAN-Angebot in dieser Stadt gibt, möchte ich auf dieses Thema zurückkommen und meine unmaßgeblichen Anmerkungen dazu machen.


Stadtpolitik

Am 16. Februar 2017 beschloss das Stadtparlament:


Quelle: Kostenfreies WLAN an öffentlichen Plätzen in Wiesbaden, Beschluss Nr. 0006, Vorlage 16-V- 20-0068.

Eine Willenserklärung ist ja schon mal eine feine Sache, aber für die Realisierung benötigt man natürlich Geld. Und so geht der Beschluss weiter:

Quelle: Kostenfreies WLAN an öffentlichen Plätzen in Wiesbaden, Beschluss Nr. 0006, Vorlage 16-V- 20-0068.

Man fordert mit diesem Beschluss den Magistrat auf, für die Jahre 2018 und 2019 jeweils 50.000 € (in Worten: fünfzigtausend) bereitzustellen, und zwar für Koordinierung und Planung eines öffentlichen WLANs. Was auch immer man an einem öffentlichem WLAN groß zu koordinieren und planen hat, aber es soll Geld dafür bereit gestellt werden. Und ich finde, 100.000€ sind eine Menge Geld für diesen Zweck.

Im Rahmen der ab dem Sommer 2017 stattfindenden Beratung zum Haushalt der Stadt Wiesbaden wurde mancher Stein umgewälzt, aber diese Position blieb erhalten. Und so wurde der Haushalt für die Jahre 2018/19 gegen Ende des Jahres 2017 auch vom Stadtparlament beschlossen, inkl. dieser 100.000€. Der Haushalt musste noch vom Regierungspräsidenten in Darmstadt genehmigt werden, was dann im späten Frühjahr 2018 auch geschah. Und diese Position war immer noch im Haushalt enthalten.

Geht doch. Also jetzt Ärmel hochkrempeln und das Thema öffentliches WLAN anpacken.

Der Haushalt der Stadt Wiesbaden für 2018/19 hat den Umfang von über 1 Milliarde € pro Jahr, die 50.000€ sind somit 1 Prozent von einem Prozent, und davon noch einmal die Hälfte dieser Summe, sofern ich richtig gerechnet habe.


2020

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2020, die Jahre 2018 und 2019 sind Geschichte, der Haushalt der Stadt Wiesbaden für 2018/19 ist es auch. Mir drängen sich nun ein paar Fragen auf:

  • Was ist herausgekommen in Sachen öffentlichem WLAN in der Stadt Wiesbaden?
  • Wurden die 100.000€ überhaupt ausgegeben? Oder stehen sie noch zur Verfügung?
  • Wenn es nicht verbraucht wurde, wurde dieses Geld dann in den Haushalt 2020/21 übernommen?
  • Und sofern es verbraucht wurde:
    • Was wurde eigentlich geplant?
    • Was wurde koordiniert?
    • Mit welchem Ergebnis?

Ich sehe keine öffentlichen WLANs, betrieben von der Stadt Wiesbaden? Ich meine, ausser den öffentlichen WLANs, die es bereits vor 2018 gab.


"... endlich ein kostenloses öffentliches WLAN-Netz an zentralen Plätzen der Stadt."

Im Frühjahr 2016 wurde das Stadtparlament neu gewählt. Im Wahlkampf spielte das Thema IT keine grosse Rolle, aber in den Wahlprogrammen der antretenden Parteien fanden sich unter dem Schlagwort Netzpolitik durchaus Aussagen zu Themen aus dem IT-Bereich. Diese Aussagen der einzelnen Parteien hatte ich damals dargestellt: Kommunalwahl in Wiesbaden 2016. Ich möchte einige Sätze aus den damaligen Wahlprogrammen zitieren:

  • CDU: "Die CDU will endlich ein kostenloses öffentliches WLAN-Netz an zentralen Plätzen der Stadt."
  • SPD: "Die SPD Wiesbaden wird an allen öffentlichen Einrichtungen dieser Stadt (Schulen, Ortsverwaltungen, Stadtbücherei, Ämter mit Besucherverkehr, ....) als auch an größeren Bushaltestellen und mindestens in jedem Ortsteil die Einrichtung eines kostenloses und öffentlich zugängliches WI(esbaden)-LAN Hotspots prüfen und nach und nach umsetzen."
  • BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:" Die GRÜNEN setzen sich für einen freien Internetzugang und die Einrichtung eines öffentlichen städtischen WLAN nach dem Vorbild anderer Städte auch in der Landeshauptstadt ein."
  • DIE LINKE: "bessere finanzielle Ausstattung von öffentlichen Kultur- und Bildungseinrichtungen und freies WLAN"
  • Freie Demokratische Partei: "Die Freien Demokraten fordern die Einrichtung eines allgemein zugänglichen kabellosen Internetzugangs in der Wiesbadener Fußgängerzone"
  • Piratenpartei Deutschland: "Die PIRATEN sprechen sich für die Einführung freier Internetzugänge bei allen Bussen und Haltestellen zur Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV aus. Dieses Angebot soll unentgeltlich und ohne Erhebung von Verkehrsdaten erfolgen."

Von den Wahlprogrammen ausgehend sollte also einiges möglich sein. Und nach der Wahl bildeten SPD, CDU und GRÜNEN eine Kooperation, die die Stadtregierung stellt, und alle 3 waren für ein öffentliches WLAN.

Der Haushalt für 2016/2017 war noch vom alten Parlament beschlossen worden, so daß die Parteien ihre Vorstellungen erst in den Haushalt 2018/2019 einfliessen lassen konnten. So geschah es dann auch, mit dem Ergebnis der bereits mehrfach hier erwähnten 100.000€.

Da sollte sich doch manch eine Forderung aus den Wahlprogrammen umsetzen lassen. Und was ist in dieser Frage eigentlich passiert?


Heßloch

Ich muß einen Schritt zurück gehen: Ein WLAN wurde dann doch installiert, und zwar in Heßloch am Kelterhaus:


Soweit mir bekannt, ist dies aber das einzige WLAN der Stadt Wiesbaden, das in den vergangenen Jahren installiert wurde. Und dies auch nur, weil der dortige Ortsbeirat dieses WLAN frühzeitig gefordert und immer wieder auf die Umsetzung gedrungen hatte. Auch dieses Thema hatte ich hier schon einmal dargestellt: WLAN für Wiesbaden-Heßloch!. Damals scheiterte dies an Antennen für dieses WLAN, die nur unter grossen Schwierigkeiten zu erwerben waren. Mittlerweile gibt es dieses WLAN, die Eröffnung fand Ende Oktober 2019 statt.

Ein WLAN-Hotspot für 100.000€?