Donnerstag, 28. September 2017

Glasfaser für den Hainweg ?


In meinem vorigen Text hatte ich mich mit einer entfernten Stadt beschäftigt, in diesem Text will ich hier in Wiesbaden bleiben: Hainweg ist ein Baugebiet, in dem einmal 2.000 Menschen wohnen werden. Und mich interessiert diese Frage: Wie werden die zu bauenden Wohnhäuser ans Internet angeschlossen? Wird die Anbindung in einer zukunftsorientierten Technologie (d.h. Glasfaser) oder in einer bewährten, alten Technologie (d.h. Kupferkabel) realisiert?

Aber vorher möchte ich Ihnen das Gebiet vorstellen, um das es in diesem Text geht: Baugebiet Hainweg in WI-Nordenstadt. In den Tageszeitungen wurde bereits darüber berichtet: "Ab Juni rollen die Bagger". Verantwortlich für die Planung und Koordination der Durchführung ist die Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesbaden (SEG), die im Wohngebiet Hainweg Nordenstadt als Projektentwickler für die Stadt Wiesbaden tätig ist. Hier finden Sie die Vorstellungen der Stadt Wiesbaden zu Wohngebiet „Hainweg“ im Ortsbezirk Nordenstadt.

Neubaugebiet Hainweg in Wiesbaden-Nordenstadt
aufgenommen am 25. September 2017 gegen 15:30 Uhr


Anbindung ans Internet

Heute kann man Wohngebäude über prinzipiell zwei Techniken ans Internet anschließen: Per Funk oder1) per Kabel. Eine Lösung per Funk (Stichwort LTE) möchte ich hier nicht behandeln, denn eine solche Lösung kann man auch nachträglich realisieren. Dazu muß man einen (oder mehrere) Funkmasten aufstellen oder die Antennen auf einem Dach anbringen und diesen Standort dann per Kabel mit dem nächsten Internet-Knoten verbinden. Der Aufwand dafür ist nicht allzu groß, denn man muß nicht jede Straße in einem Gebiet aufgraben, um Kabel bis ins Haus hinein zu verlegen. Genau dies muß aber gemacht werden, wenn Leitungen bis in jedes Haus gelegt werden. Bei einem Neubaugebiet müssen aber alle Leitungen neu verlegt werden, also Gas, Wasser, Abwasser, Strom und eben auch Telefon (=Internet). Und so kann man die Anbindung ans Internet gleich richtig machen. Dazu bieten sich heute folgende Techniken an: Kupferkabel, Koaxialkabel, Glasfaser.


Warum Glasfaser ?

Und die vernünftige Technik ist Glasfaser.

Kupferkabel ist die Technik, mit der man bisher Telefonie realisiert hat, d.h. in jedem Haushalt gibt es irgendwo eine entsprechende Steckdose, an der das Telefon angeschlossen wird. Und über diese Telefonleitung wird auch eine Internetanbindung realisiert. Aber diese Technik ist ausgereizt, Geschwindigkeiten über 100 Millionen Bits pro Sekunde sind mit dieser Technik kaum zu erzielen. Deshalb scheidet diese Technik aus.

In der 80er Jahren wurden Kabel verlegt, über die die damals neu entstehenden privaten Fernsehkanäle in die Haushalte verteilt werden sollten. Damals standen Glasfaser und Koaxialkabel als Basismedium der Übertragung der Signale zur Auswahl, entschieden hat man sich für Koaxialkabel2). Vor etlichen Jahren wurde den Betreibern dieser Kabel erlaubt, in das Geschäft mit Telefonie und Internet einzusteigen, d.h. sie durften neben den Fernsehsignalen auch Telefonie und Internet über ihre Kabel leiten und für diese Dienste Kunden gewinnen.3). Über diese Technik wird heute üblicherweise eine Internetgeschwindigkeit von 120 Million Bits pro Sekunde realisiert, allerdings bieten die Betreiber auch schon 400 MBit/s an.

Zum Thema Glasfaser hatte ich in einem älteren Text auf diesem Blog bereits etwas geschrieben:

"Denn die Zukunft gehört dem Glasfaserkabel"

Dieser Aussage stammt aus dem Jahr 1982, ist also über 30 Jahre alt. Sie finden sie in diesem Artikel der Zeitschrift DER SPIEGEL Ausgabe 43/1982.

Und so schreibe ich jetzt, am Ende des Jahres 2015, diesen Text und will Sie überzeugen, daß wir Glasfaser brauchen.

Quelle: "Denn die Zukunft gehört dem Glasfaserkabel" vom 13.12.2015

Und nach dem heutigen Stand der Technik ist Glasfaser in der Lage, unsere Internet-Daten mit Geschwindigkeiten oberhalb 1 Milliarde Bits pro Sekunde (1 Gb/s) zu übertragen.

Vergraben sind aber überall Kupferkabel, in manchen Stellen, insbesondere in den Großstädten, auch Koaxialkabel. Wenn man jetzt überall die Strassen aufgräbt, die Kupferkabel herausholt und durch Glasfaserkabel ersetzt, dann wird dies teuer. Also sollte man dort anfangen, wo Straßen neu gebaut werden, also in einem Neubaugebiet, also im Hainweg in Nordenstadt. Denn nicht die Kabel sind der grosse Kostenblock einer solchen Aktion sondern die Bauarbeiten.


Was ist Glasfaser ?

Glasfasern sind dünne Fasern aus Glas, in denen das Licht quasi "gefangen" wird und sich nur innerhalb der Faser bewegen kann. Diese Fortpflanzung des Lichts geschieht mit hoher Geschwindigkeit (=Lichtgeschwindigkeit). In diesen Fasern können die Daten über grosse Entfernungen transportiert werden, da sie auf dem Weg praktisch nicht abgeschwächt werden. Man verwendet deshalb Glasfaser für die Verbindung der Kontinente, aber auch für die Verbindung der grossen deutschen Internetknoten untereinander. Eine einzelne Faser ist dabei dünner als ein einzelnes menschliches Haar.

Neben dem bereits angegebenen Link zu zu meinem älteren Text "Denn die Zukunft gehört dem Glasfaserkabel" möchte ich noch auf folgende Videos verweisen, in denen die Technik erläutert wird (das erste Video ist in Englisch):

wie funktioniert Datenübertragung per Glasfaser ?

Und im folgenden Video finden Sie die Begründung, warum das Glasfaserkabel bis ins Haus reichen muß:




Wo steht Deutschland in Sachen Glasfaser ?

Nachfolgend finden Sie eine Aufstellung, wieviel Prozent der Haushalte eines Landes an Glasfaser angeschlossen sind:


Sehen wir es mal positiv: Deutschland taucht in dieser Statistik überhaupt auf. Diese Statistik hatte ich schon einmal veröffentlicht, wenn auch mit einem älteren Stand4). Und in dieser älteren Statistik tauchte Deutschland nicht einmal auf; es hat sich somit etwas getan.

Aber in der hier abgebildeten Statistik taucht Deutschland auf dem vorletzten Platz auf, vor Österreich. Beides sind Länder, die von einer großen Koalition regiert werden (Stand: September 2017) - ob es daran liegt?


Hainweg

Der Hainweg ist ein Neubaugebiet, hier gibt es noch keine Häuser und keine Straßen, hier gibt es bisher nur Äcker (siehe die Bilder zu Beginn dieses Textes). Alles muß neu gemacht werden, damit hier in naher Zukunft Menschen leben und wohnen können. Und deshalb kann man es richtig machen, von Anfang an. Und in Sachen Internet heißt dies, daß man hier Glasfaser verlegen kann.

Auf Nachfrage teilt mir die SEG mit, daß dies auch geschehen soll. Die Firma Witcom in Wiesbaden, eine Tochter der ESWE Versorgungs AG, hat diese Aufgabe übernommen. Und Witcom wird dort Glasfaser verlegen (oder verlegen lassen).

Man wird sehen, ob und wie dies geschieht. Interessant ist natürlich die Frage, was die später einmal in diesem Gebiet wohnenden Bürger zahlen werden für den Internetanschluß und welche Leistungen sie dafür erhalten werden. Glasfaser haben und DSL-Geschwindigkeiten geboten bekommen, das macht keinen Sinn. Man wird dies verfolgen müssen.


Fazit

Das ist doch immerhin schon mal ein Anfang. Eigentlich hätte dies schon vor Jahrzehnten begonnen werden sollen, und eigentlich ist dies auch keine Großtat, es ist lediglich der Stand der Technik, aber ich will mal die Mäkelein lassen und mich freuen, daß überhaupt etwas geschieht.

Wiesbaden wächst und das bedeutet, daß weiterhin Wohnraum geschaffen werden muß. Auch in den nächsten Neubaugebieten muß Glasfaser gelegt werden5).

Damit wären die Neubaugebiete vernünftig angebunden, aber es gibt noch die vorhandene Bausubstanz. Wie kriegen wir diese Häuser angebunden an Glasfaser? Einen Weg dazu hat die SPD im Wahlprogramm für die Kommunalwahl 2016 vorgeschlagen:

9. Netzpolitik


Flächendeckende Breitbandversorgung
Unser Ziel ist die Möglichkeit der Anbindung an das Internet mit mind. 1GBit/s für Wirtschaftsunternehmen in Gewerbegebieten und die Möglichkeit der Anbindung mit mind. 100MBit/s für mind. 95% der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.
Mit der Zeit bedarf es einer stetigen Anpassung dieser Werte unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung. Für uns ist die Glasfasertechnologie aktuell die einzige zukunftsfähige Technologie. So streben wir an, zukünftig bei Tiefbauarbeiten die nötigen Glasfaserkabel oder Leerrohre gleich mit zu verlegen.

Quelle: Kommunalwahl in Wiesbaden 2016 bzw. im Kapitel 9 des Wahlprogramms:WAHL-PROGRAMM DER WIESBADENER SPD FÜR DIE AMTSZEIT 2016 – 2021.

Klingt gut, aber aus dem Stadtparlament ist mir keine derartige Initiative bekannt, von keiner Partei. Da hat sich die Stadtpolitik bisher nicht mit Ruhm bekleckert.




Anmerkungen:
1) Dies ist kein exklusives Oder, es kann auch über beide Wege realisiert werden.
2) Nach meiner bescheidenen Meinung war dies eine Fehlentscheidung der Politik.
3) Mein Internetanschluß läuft so.

Samstag, 16. September 2017

Internet-Paradies ?


Dieser Text handelt von Estland, genauer von Tallinn, der Hauptstadt dieses kleinen Landes am nördlichen Rand Europas, in dem ich meinen Urlaub verbracht habe. Aber dies ist kein Reiseblog, sondern das Thema dieses Blogs ist IT, und deshalb stell ich in diesem Text einmal dar, welche Erfahrungen ich mit Internet-Zugängen in Tallinn gemacht habe. Meine Darstellungen hier sind unsystematisch, nicht wissenschaftlich, sehr subjektiv, nicht verallgemeinerbar, aber genau so ist es mir ergangen. Und nein, ich bin auch nicht nach Tallinn geflogen, um einmal Internet zu erleben.

Entdecken Sie Tallinn


Erwartungen

Befragt man eine Suchmaschine zu diesen Schlagworten estland wlan, so findet man viele Artikel mit überaus positiven Darstellungen. Hier eine kleine Auswahl:

Die Meßlatte liegt also hoch, es soll alles besser sein als in Deutschland, viel besser. Ich lasse mich überraschen.


Gesetze

Es gibt viele Hinweise, daß in Estland der Zugang zum Internet ein Grundrecht sei: Die Verfassung garantiert ihren 1,4 Millionen Einwohnern den Zugang zum Internet.. Diese Aussage kann ich leider nicht verifizieren (hier finden Sie das Grundgesetz der Republik Estland), aber es gibt ein Gesetz, das allen Bürgern den Zugang zu Telekommunikations-Netzen gewährt, unabhängig von ihrem Wohnort: Right to access the Internet: the countries and the laws that proclaim it.

Die Meßlatte liegt weiterhin hoch. Ich beginne also meine Reise.


Hinflug

Meine Reise beginnt mit dem Flug nach Tallinn. Ich begebe mich also nach Frankfurt und sitze vor dem Gate, etwa eine Stunde vor dem Abflug. Da habe ich ja Zeit, ein wenig im Internet zu surfen, so etwas sollte es ja am großen Flughafen Frankfurt geben. Und siehe da, es gibt Internet:

WLAN am Flughafen Frankfurt
Übersicht über die
verfügbaren WLANs
registrieren oder anmelden hilft mir nicht weiter Danke, aber ich wollte ins Internet

Nach der Auswahl des WLANs rufe ich den Browser auf und wie in Deutschland üblich erscheint erst einmal die Seite eines Portals. Hier soll ich mich anmelden oder registrieren. Da ich mich hier noch nie angemeldet habe muß ich mich erst registrieren und somit gebe ich meine Mail-Adresse ein. Auf der folgenden Seite erhielt ich dann den Hinweis:


Ach so, der Betreiber des WLANs sendet mir eine Mail zu, die einen Link enthält, den ich doch bitte zur Bestätigung meiner Anmeldung anklicken soll. Danach könne ich selbstverständlich für eine gewisse Zeit im Internet surfen.

Hallo, wie mache ich dies? Ich sitze bei euch am Flughafen und meine Internetverbindung ist euer WLAN. Wie komme ich zu meiner Mail, wenn ich dazu ein Internet brauche und euer WLAN mich sperrt? Ich brauche einen Internet-Zugang, um einen Internet-Zugang erhalten zu können. Das ist der Stand in Deutschland, am Flughafen Frankfurt.

Ich habe dann ein wenig Musik gehört.


Hotel

In Tallinn gelandet begebe ich mich zum Hotel. An der Rezeption erhalte ich neben anderen Unterlagen unaufgefordert die Zugangsdaten zum WLAN, denn auf der Homepage des Hotels findet man folgenden Satz:
The von Stackelberg Hotel Tallinn has recently updated its WiFi internet connection.

Quelle: REASONS TO STAY AT THE VON STACKELBERG HOTEL TALLINN

Der Zugang ins Internet funktionierte ohne Probleme, es gab keine vorgeschaltete Seite und die Geschwindigkeit war immer >10 Mb/s.

Das sieht doch schon mal gut aus.


Tallinn

Danach begebe ich mich in das Zentrum von Tallinn und stelle fest, daß es in dieser Stadt sehr viele WLANs gibt.

WLAN-Gedränge in Tallinn

Auf den öffentlichen Plätzen gab es fast immer 25 - 30 aktive WLANs. Viele davon waren privater Natur und somit verschlüsselt, vernünftigerweise.

Aber auf den Bildern erkennen Sie ein beachtliches Gedränge. Die Funkfrequenzen sind genormt und diese Norm ist weltweit gültig. Für WLAN sind derzeit 13 nutzbare Frequenzen2) freigegeben und auf diesen 13 Frequenzen funken diese ca. 30 WLANs. Außerdem gibt es Überschneidungen, d.h. ein Kanal reicht in den Kanal links und rechts daneben hinein, so daß es noch enger wird. Vermutlich erklärt dies einige der schlechten Ergebnisse, die ich gleich darstellen werde.

Öffentliches Wifi

Die Stadt Tallinn betreibt mehrere WLAN-Hotspots, die den Namen TallinWifi haben. Anmeldung am Hotspot ist einfach, es erscheint nur ein Hinweis, daß dies ein ungesicherter Zugang ist.

Öffentliches WLAN in Tallinn
Übersicht über die
verfügbaren WLANs
Hinweis:
dieses WLAN ist unsicher

Die Geschwindigkeit des Zugangs war allerdings eher gemächlich, was neben dem bereits genannten Grund auch an der Anzahl in diesem WLAN aktiver Smartphones liegen kann.

Restaurants und Cafés

Viele Cafés und Restaurants bieten WLAN an, manchmal findet man aussen einen Hinweis:

Hier gibt es WLAN Übersicht über die
verfügbaren WLANs

Meistens gibt es keinen Hinweis auf das angebotene WLAN, da dies eine Selbstverständlichkeit ist. Die Anmeldung am WLAN ist häufig recht einfach, aber manche Restaurants wollten eine Anmeldung per Facebook; einmal sollte ich erst einer Facebook-Gruppe beitreten bevor ich das WLAN nutzen konnte, wieder andere wollten mich mit Werbung überschütten. Ich fand das alles nicht schön und habe solch ein WLAN nicht verwendet.

Und die Geschwindigkeit der angebotenen WLANs war häufig schlecht. Einige Beispiele zur Geschwindigkeit von WLANs in manchen Restaurants:

Geschwindigkeit des WLANs in einigen Restaurants

Das ist kaum brauchbar.

Einkaufszentren

In den Einkaufszentren der Stadt gibt es natürlich WLAN. Manche der Geschäft darin bieten WLAN an, aber auch der Betreiber offeriert dies. Hier ein Beispiel aus dem Viru Keskus Shopping Centre:


Museen

Tallinn hat eine reiche Geschichte, die sich über viele Jahrhunderte erstreckt. Entsprechend kann die Stadt in vielen Museen Zeugnisse aus ihrer Vergangenheit präsentieren. Und natürlich haben viele der Museen auch WLAN. Hier einmal zwei Beispiele:

WLAN in Museen
Estnisches Freilichtmuseum Estonian Maritime Museum


Sightseeing-Busse

Viele Städte bieten Rundreisen durch das Stadtgebiet per Bus an, so auch Tallinn: Tallinn City Tour. Und natürlich gibt es im Bus WLAN, wie Sie auf dem Bild erkennen können So meldete sich das WLAN im Bus:

Hop On Hop Off-Busse
Hinweis auf WLAN Übersicht über die
verfügbaren WLANs

Dieses WLAN bot eine brauchbare Geschwindigkeit.


SIM-Karte

Es ist somit an der Zeit, eine lokale SIM-Karte zu kaufen und diese Lösung auszuprobieren. Und da mein Smartphone 2 SIM-Karten bedienen kann, kann ich ja meine SIM-Karte aus Deutschland behalten und bin somit unter meiner alten Telefonnummer erreichbar. Die zweite SIM-Karte nehme ich dann für den Internetzugang.

In einem Einkaufszentrum in Tallinn fand ich einen Shop von Tele2, einem lokalen Provider. Dort wollte ich eine SIM-Karte kaufen, was aber in diesem Shop leider nicht möglich war. Man verwies mich an R-kisok, gleich um die Ecke, wo ich auch eine SIM-Karte erwerben konnte. Für einen Betrag von 3,50 € erhielt ich einen reinen Internetzugang für 7 Tage mit einem Datenvolumen von 5 GB und das Prepaid (von diesen Preisen können wir in Deutschland nur träumen). Diese SIM-Karte ist nur in Estland verwendbar, EU-weites Roaming wird nicht unterstützt. Laut Aufdruck auf der Verpackung kann ich mit Geschwindigkeiten von bis zu 375 Mb/s (down) bzw. 50 Mb/s (up) ins Internet gehen. Und sollten mir die 5 GB Datenvolumen nicht reichen, so kann ich auch für einen Zeitraum 30 Tagen ein Datenvolumne von 15 GB hinzubuchen - für einen Preis von 9,50 €3). Und wem das immer noch nicht reicht, der kann auch ein Datenvolumen von 30 GB hinzubuchen, für einen Preis von 15 €. Das sind Preise, und das alles für eine Prepaid-Verbindung. Davon werden wir in Deutschland noch lange träumen.

Soweit bin ich zufrieden, mein Smartphone kommt ins Internet. Um nun aber mit meinem Tablet ins Internet zu gehen musste ich am Smartphone (dort steckte die SIM-Karte) die Hotspot-Funktion aktivieren4). Durch diesen Schritt wurde das Smartphone zum mobilen Hotspot und baute eine WLAN-Netz auf, mit dem sich das Tablet verband. Problem gelöst.

Und so stellte sich das dann auf meinem Tablet dar:


Diese Werte sind zwar weit entfernt von den (theoretischen) Werten auf der Verpackung, aber damit kann ich gut leben.

Und am Ende meiner Reise stellte ich fest, daß ich von den 5 GB nur etwa 750 MB verbraucht habe, also etwa 15% des gekauften Datenvolumens.


Warum Internet im Urlaub ?

Ich habe mir in Tallinn das Lennusadam-Museum angesehen. Dort war u.a. ein U-Boot aus dem Jahre 1936 ausgestellt, das man sich auch von innen ansehen konnte5). Nachdem ich alles im Museum gesehen hatte ging ich wieder auf die Strasse und wollte mit dem Bus zurückfahren, aber der Bus war gerade abgefahren und der nächste Bus fuhr erst in 30 Minuten. Also ging ich zurück ins Museum, habe mir einen Capuccino geholt, das Tablet ausgepackt, dieses sich mit dem lokalen WLAN des Musuems verbinden lassen und habe dann ein wenig auf einer Boulevard-Seite und einer Nachrichten-Seite gelesen. Den nächsten Bus habe ich dann genommen.

Früher gab es noch kein Internet und die Menschen fuhren trotzdem und gerne in Urlaub. Aber früher hatte man eine Tageszeitung abonniert, und der Verlag bot einem an, sofern man im Urlaub eine feste Adresse hatte, für den Zeitraum des Urlaubs die abonnierte Zeitung an diese Adresse zu liefern. Also, früher war man auch im Urlaub mit seinem 'zu Hause' verbunden.


Tallinn-Card

Tallinn bietet seinen Besuchern auch verbilligten Eintritt in Museen, kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel usw. an: die Tallinn-Card. Diese hat die Größe und Form einer Kreditkarte, auf der Rückseite wird mit einem Filzstift notiert, wie lange sie gilt (bei mir: 3 Tage), daß sie für einen Erwachsenen gilt und welches das Kaufdatum war. Bei einer Nutzung dieser Karte, z.B. an der Kasse eines Museums, wird die Karte unter ein Smartphone gehalten, auf dem ein entsprechendes Programm (eine App) läuft. Diese App liest einen Code von der Karte und sendet diesen per Internet an einen zentralen Server, der die Gültigkeit der Karte an das Smartphone zurücksendet, und so erhielt ich kostenfrei meine Eintrittskarte. Und bei der ersten Nutzung der Karte wird diese auch gleich aktiviert. In Tallinn nutzt man halt die vorhandene Technik des Internets.


Besucher

Tallinn hat etwa 400.000 Einwohner und empfängt etwa 9.000.000 Besucher im Jahr. Einer davon war ich, aber ich war natürlich nicht allein in Tallinn. Auch Frank-Walter Steinmeier war in seiner Eigenschaft als Bundespräsident in Tallinn. Hier ein Bild von unserer Begegnung:


Wie Sie sehen, sehen Sie ihn nicht, allerdings sehen Sie 2 Bodyguards, wobei die Frau auf dem Bild mich gerade aus dem Weg schubst.


Experimente

Tallinn ist innovativ und experimentierte zum Zeitpunkt meines Besuches mit Bussen. In Tallinn findet man die üblichen Busse, zusätzlich aber auch Busse mit Oberleitungen und auch Straßenbahnen. Zum Zeitpunkt meines Besuches gab es auch eine Teststrecke mit autonom fahrenden Bussen:

Tallinn experimentiert mit Bussen

Zwei dieser kleinen Busse waren im Einsatz. Sie bewegten sich auf einer regulären, aber abgesperrten Strasse recht langsam vorwärts, wobei man eine Strecke von etwa 700 m als Teststrecke verwendete. Innen saß ein Mann, der fleissig die auftretenden Ereignisse mitschrieb und zur Not auch hätte eingreifen können, eben ein Experiment.


Rückflug

Auf dem Flughafen Tallinn hatte ich wieder Zeit bis zum Abflug. Also die Gelegenheit genutzt, das Tablet eingeschaltet und geschaut: Siehe da, es gibt WLAN, natürlich:

WLAN am Flughafen Tallinn

Das WLAN war brauchbar, auch die Geschwindigkeit war akzeptabel. Und man brauchte keine Anmeldung, Bestätigung oder sonstwas. Einfach auswählen, Bedingungen akzeptieren und lossurfen. Hallo Frankfurt, so geht das auch.


Fazit

Die Erwartungen in Sachen WLAN speziell und IT allgemein waren hoch und sie wurden so nicht erfüllt: Estland ist kein Paradies in Sachen öffentliches WLAN. Allerdings ist vieles besser als in Deutschland, was beim aktuellen Stand in Deutschland aber auch nicht allzu schwierig ist. Und bitte vergleichen Sie Tallinn nicht mit Wiesbaden, das wäre unfair.

Estland ist ein Pionier bei der Digitalisierung und bei Projekten zum E-Government. Das hat der Bundesaußenminister nun anerkannt und sich erinnert, wie rückschrittlich ihm Deutschland bei einer Vorstellung von "E-Estonia" vorgekommen war.

"Ich muss zugeben, dass wir Deutschen uns dabei ein bisschen wie ein Entwicklungsland gefühlt haben", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Tallinn...

Quelle: Gabriel: Deutschland bei Digitalisierung "wie ein Entwicklungsland"

Man unterteilt diese Welt in 1. Welt, 2. Welt und 3. Welt. Unter der 1. Welt versteht man die hochentwickelten Industrieländer, unter der 3. Welt die Entwicklungsländer. Und unter der 2. Welt versteht man jene Länder, die irgendwie zwischen 1. und 3. Welt liegen. Ich möchte nicht soweit gehen wie Bundesaußenminister Gabriel, aber in Sachen Digitalisierung ist Estland sicherlich 1. Welt und Deutschland zähle ich zur 2. Welt.




Anmerkungen:
1) Im Text finden Sie eine Liste mit Ländern. In dieser Aufstellung werden Sie Deutschland nicht finden
2) In den USA ist ein 14. Kanal erlaubt.
3) Vor mir liegt ein Angebot für einen Internet-Zugang (Prepaid): 1,75 GB für 9,99 €, d.h. in Deutschland kostet es 9x so viel.
4) Mein Smartphone verwendet Android in der Version 6.0. Auf diesem Weg komme ich zum mobilen Hotspot: Einstellung -> Mehr -> Tethering & mobiler Hotspot ->WLAN-Hotspot -> einschalten. Danach WLAN-Hotspot einrichten: Namen meines WLAN-Netzes vergeben und die Anzahl Nutzer auf 1 Benutzer beschränken (so habe ich das gemacht, zur Sicherheit). Fertig.
5) Dabei habe ich festgestellt, daß ich mit meiner Körperlänge ungeeignet für einen Einsatz auf diesem U-Boot war, glücklicherweise.