Mittwoch, 16. Oktober 2019

Eine Partei versucht sich im Neuland

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Donnerstag, 10. Oktober 2019

Bitte schaltet Eure Smartphones aus


Klimaschutz ist das Schlagwort der Stunde und in diesem Zusammenhang werden gerne Forderungen und Verbote geäußert. Dazu fand auch unsere Bundeskanzlerin, Frau Merkel, deutliche Worte: "Klimaschutz ist kein 'Pillepalle'“, wir brauchen "Beschlüsse, die zu 'disruptiven' Veränderungen führten.".

Zu diesem Thema möchte ich kein Verbot aufstellen, denn dies können andere besser. Ich möchte eine Bitte vortragen, die zu Veränderungen unseres Lebensstils hin zu weniger CO2-Ausstoß führen kann: Bitte schaltet Eure Smartphones aus. Und diese Bitte möchte ich jetzt begründen. Leider bin ich nicht in der Lage, meine Argumente auf Twitter-Länge zu verkürzen, deshalb wird dies hier ein etwas längerer Text.


Friday for Future

Der Schutz unseres Klimas ist in den Vordergrund der Debatten gerückt durch die Streiks von Friday for Future. Hier finden Sie die Akteure: WIR SIND FRIDAYS FOR FUTURE. Wikipedia hat ebenfalls einen längeren Text dazu: Fridays for Future (dt. „Freitage für die Zukunft“), kurz FFF.

Im Rahmen dieser Aktionen wurden Forderungen gestellt, aus denen ich zitieren möchte (verkürzt):

Explizit fordern wir für Deutschland:
  • Kohleausstieg bis 2030

Entscheidend für die Einhaltung des 1,5°C‑Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren. Deshalb fordern wir bis Ende 2019:
  • 1/4 der Kohlekraft abschalten

Quelle: UNSERE FORDERUNGEN AN DIE POLITIK

Im Zusammenhang mit den Forderungen wird auch darauf hingewiesen, daß die Schritte zur Umsetzung dieser Forderungen zur Veränderung unserer Lebensweise führen sollen und müssen: Für den notwendigen Wandel müssen sektorübergreifend grundlegende Veränderungen stattfinden.

Frau Merkel verwendete in ihren Ankündigungen dafür einen Begriff: disruptive Veränderungen. Wikipedia erklärt diesen Begriff so:

Das neudeutsche Wort Disruption (bzw. disruptiv) wurde aus dem Englischen übernommen, wo disruption - abgeleitet vom lateinischen Verb disrumpere (zerreißen, zerbrechen, zerschlagen, bzw. passivisch: platzen) - so viel wie Unterbrechung, Störung, Bruch, Unordnung oder Zerstörung bedeutet.

Quelle: Disruption (Gesellschaft und Politik) in der Wikipedia.

Ich möchte jetzt begründen, wie Kohle und Smartphones zusammenhängen.


Stromverbrauch

Kohlekraftwerke produzieren Strom (und Wärme). Benötigt man wenig Strom, so kann man die Kraftwerke runterfahren (soweit technisch möglich), benötigt man mehr Strom, so wird die Leistung der Kraftwerke hochgefahren. Ist die Kapazitätsgrenze eines Kraftwerks erreicht, muß man mittelfristig ein weiteres Kraftwerk bauen und ans Stromnetz bringen, kurzfristig Strom importieren. Und der Stromverbrauch steigt. Da wir Kernkraftwerke bereits abgeschaltet haben bzw. weitere in Zukunft abschalten werden, müssen Kohle- oder Gaskraftwerke (oder Solarpanels oder Windmühlen) diese Aufgabe übernehmen. Bei steigender Nachfrage können Solarpanels oder Windmühlen nicht mehr Strom liefern, also müssen Kohle- oder Gaskraftwerke diese steigende Nachfrage durch höhere Leistung befriedigen. Und in Deutschland sind dies häufig Kohlekraftwerke.

Am Beispiel der Stadt Frankfurt möchte ich einmal darstellen, wie sich der Stromverbrauch entwickelt und mich dabei auf 2 Großverbraucher beschränken. Beginnen möchte ich mit einer Darstellung aus dem Jahr 2011:

Laut Mainova wird sich die Nachfrage nach Strom in Frankfurt bis 2020 um ein Fünftel erhöhen. Als Energiefresser erweisen sich vor allem neue Rechenzentren.

Quelle: Stromverbrauch in Frankfurt steigt und steigt aus der FAZ vom 07.09.2011

Hier eine Darstellung aus dem Jahre 2014:

Frankfurts Hunger nach Strom wächst - noch ist der Flughafen auf Platz eins, doch besonders Rechenzentren verbrauchen immer mehr Strom.

Quelle: Stromverbrauch in Frankfurt wächst weiter aus der FAZ vom 03.07.2014

Und im Jahre 2016 lautete die Aussage bereits:

Frankfurts Rechenzentren verbrauchen inzwischen mehr Strom als der Flughafen. Und die Betreiber erhöhen stetig ihre Kapazitäten.

Quelle: Data-Center hängen Airport ab aus der FAZ vom 14.12.2016

Dies gilt auch für das Jahr 2019:

Die Bedeutung Frankfurts als Standort für Rechenzentren nimmt zu. Immer mehr ausländische, meist amerikanische Unternehmen, bieten hier Ihre Dienstleistungen an. Die Rechenzentren sind laut Energieversorger Mainova auf dem besten Weg, den Frankfurter Flughafen beim Stromverbrauch zu überholen. Während der Stromverbrauch für Rechenzentren in Deutschland bei ca. 2% liegt, sind in Frankfurt die Rechenzentren für 20% des Verbrauchs verantwortlich.

Quelle: Ankündigung der Veranstaltung Datacenter Experience in Frankfurt am Main am 14.05.2019


Zusammenfassung

Der grösste Stromverbraucher in der Stadt Frankfurt war einmal der Flughafen. Er wurde mittlerweile auf Platz 2 verdrängt, denn an vorderster Stelle liegen jetzt die Computer, genauer: Die grossen Rechenzentren. Ca. 20% des Stromverbrauchs in der Stadt Frankfurt wird für den Betrieb dieser Rechenzentren benötigt. Darunter fallen nicht die PCs, Smartphones oder Tablets, darunter fallen die grossen Hallen, in denen Hunderte bis Tausende von Servern stehen. Benötigt werden diese für Cloud-Computing, Outsourcing, Rechenzentrumsbetrieb eines Unternehmens, aber auch für das Internet. Das grösste Rechenzentrum in Frankfurt ist De-CIX (siehe auch De-CIX in der Wikipedia). Und diese Rechenzentren werden erweitert und es kommen neue Rechenzentren dazu. Sie alle benötigen heute Strom, die zusätzlichen Rechenzentren benötigen in der Zukunft zusätzlich Strom.


Daten

Ich will mich in diesem Text auf De-CIX beschränken, denn von den Rechenzentren in Frankfurt ist dies das größte, mit Abstand. De-CIX verarbeitet die Datenpakete des Internets, d.h. die Datenpakete werden entgegengenommen und an das "richtige" Kabel weitergeleitet, damit das Datenpaket beim Empfänger ankommt. Die bei De-CIX verarbeitete Datenmenge wächst Jahr für Jahr. Hier zur Verdeutlichung die Entwicklung der verarbeiteten Datenmenge der letzten 5 Jahre in Frankfurt:

© De-CIX in Frankfurt


Erläuterung

Das Bild zeigt die Entwicklung der Datenmenge als Durchschnittswert (gelb) und als Spitzenwert (rot), jeweils in der Anzahl Bits pro Sekunde im jeweiligen Zeitraum. Im Oktober 2014 waren dies 2Tbit (Spitze: 3Tbit), aktuell (Oktober 2019) zeigt die Grafik einen Durchsatz von 5Tbit (Spitze: 7Tbit). Dabei steht die Abkürzung Tbit für die Zahl 240 Bits oder umgerechnet ca. 1.000.000.000.000 Bits (dies sind 1 Million mal 1 Million Bits). Aus den Zahlen ergibt sich eine Steigerung um ca. 150% im Zeitraum von Okt. 2014 bis Okt. 2019, d.h. eine Steigerung um etwa 20% pro Jahr. Ein Ende dieses Wachstums ist nicht absehbar.


Mobile Geräte

Man schätzt, daß ca. 50% der Datenmenge des Internets aus mobilen Geräten stammt, d.h. aus Smartphones, Tablets, Notebooks usw. Dabei geht es nicht um Telefongespräche oder SMS, es geht um Zugriffe auf das Internet, also WhatsApp-Nachrichten, Aufrufe von Seiten wie Facebook, Streaming von Videos usw.

Den Stromverbrauch der Rechenzentren in Frankfurt kann man nur reduzieren indem man:
  • die Datenmenge reduziert
oder
  • die Technik der Computer weiterentwickelt in Richtung Energieeffizienz
wobei letzteres bereits gemacht wird. Trotzdem steigt der Energiebedarf weiter an.


Disruptive Veränderungen

Aus dem oben dargestellten ergibt sich ein Weg, den Stromverbrauch der Rechenzentren zu reduzieren: Verringert die Datenmenge im Internet. Und daraus ergibt sich mein Aufruf, den ich bereits in der Überschrift dieses Textes dargestellt habe: Bitte schaltet Eure Smartphones aus.

Ich möchte mich wiederholen: Es geht um den Internetzugang im Smartphone, Telefonie und SMSen ist damit nicht gemeint.

Wir haben uns an den ständigen Begleiter Smartphone gewöhnt. Dieses Gerät, das von Musik abspielen bis Navigation so ziemlich alles kann, ausser bügeln (was ich bedaure), und mit dem man auch noch telefonieren kann. Aber gefordert wurde ja eine einschneidende Veränderung, die zur Änderung unserer Lebensweise führen soll. Und mit reduzierter Anzahl Datenpakete im Internet brauchen wir weniger Strom in Frankfurt bei De-CIX und könnten somit die Stromproduktion reduzieren, möglicherweise sogar ein Kohlekraftwerk abschalten, was den CO2-Ausstoß verringern würde. Und das wollen wir doch.


Auswirkungen

Es gibt keine Veränderung ohne Auswirkungen. Möglicherweise gefallen uns die Nebenwirkungen nicht, aber wir sollten diese sehen:

  • Wir nutzen heute das Smartphone als Navi. Ohne Internetzugang haben wir dann keinen Zugriff mehr auf aktuelle Karten sowie Staunachrichten, die sofort in die Navigation eingebaut werden. Diese Möglichkeit nutzen wir heute gerne, darauf müssten wir dann verzichten.
  • Ohne Internetzugang können wir über unser Smartphone keinen Fernsehfilm mehr anschauen und auch kein Fußballspiel via DAZN verfolgen.
  • Gerne hören wir Musik via Smartphone. Ohne Internet geht kein Musik-Streaming mehr aufs Smartphone. Spotify, Deezer oder Youtube funktionieren dann nicht mehr.
  • Es gibt dann auch keine Serien oder Videos von Netflix, Amazon Prime Video, Hulu oder Youtube.
  • Ohne Internet via Smartphone kann man auch keine Selfies mehr auf Instagram posten.
  • Und der Zugriff auf Facebook ist dann auch nicht mehr möglich. Twitter geht dann ebenfalls nicht mehr.

Ich will es mit dieser Aufzählung genug sein lassen.

Mein Vorschlag führt zu einschneidenden Veränderungen unseres heutigen Lebensstils, reduzieren aber die Datenmenge im Internet erheblich und führen somit zu einem geringeren Stromverbrauch in den Rechenzentren in Frankfurt, insbesondere bei De-CIX. Und ein geringerer Stromverbrauch bedeutet einen geringeren Ausstoß von CO2. Und so lautete doch die Forderung von Friday for Future.


Zusammenfassung

Man sollte nicht immer nur Forderungen aufstellen, die dann von anderen umgesetzt oder erfüllt werden sollen. Also nicht nur:

Fridays For Future Deutschland fordert die Regierungen auf Kommunal- Landes- und Bundesebene auf, die Klimakrise als solche zu benennen und sofortige Handlungsinitiative auf allen Ebenen zu ergreifen.

Quelle: UNSERE FORDERUNGEN AN DIE POLITIK

Man kann auch selbst einen Beitrag zum Schutz unseres Klimas leisten, z.B. die Nutzung des Internets deutlich reduzieren.


Nachtrag

Das hier dargestellte Problem ist nicht auf Frankfurt beschränkt. Global sieht dies so aus:

Das Internet verbraucht riesige Mengen an Energie. Die Rechenzentren verbrauchen inzwischen genauso viel Energie wie die globale Luftfahrt - und der Verbrauch steigt stetig weiter an. Damit steigt auch die CO2-Belastung unserer Atmosphäre.

Quelle: CO2-Fußabdruck des Internets: Groß wie globaler Flugverkehr

Auch im Fernsehen war dies bereits ein Thema. Das ZDF hat dazu diese Sendung ausgestrahlt:



Auch andere Sendungen im Fernsehen befassten sich bereits mit diesem Thema:

Mit 20 Google-Suchanfragen brennt eine Energiesparlampe 1 Stunde lang.

Quelle: Energiefresser Internet: Die Ökobilanz eines Mausklicks.



Persönliche Aussage

Die Umsetzung meiner Forderung würde mir persönlich sehr schwerfallen. Ich benötige das Internet sowohl beruflich als auch privat.