Dies hier war mal eine ruhige Wohngegend, insbesondere gab es in der Vergangenheit keine Einbrüche oder Einbruchsversuche. Aber niemand kann sich gesellschaftlichen Entwicklung entziehen, und so gab es hier in dieser Strasse vor einigen Wochen einen Einbruch und einen Einbruchsversuch. Man muß sich also darauf einstellen und Maßnahmen dagegen ergreifen. Also habe ich in meiner Wohnung eine Kamera installiert, um potentielle Einbrecher abzuschrecken, d.h. das Risiko für diese Personen zu erhöhen. Im Falle eines erfolgten Einbruchs hoffe ich, daß die Bilder der Kamera der Polizei helfen, den oder die Täter zu finden. Und hier möchte ich darstellen, was und wie ich das gemacht habe, welche Stolperfallen und Nebenbedingungen es gab usw. Sie können sich dann ein Urteil bilden, ob Sie dies genauso machen oder einen anderen Weg beschreiten wollen oder aber einfach gar nichts machen. Ich verkaufe Ihnen keine Produkte, ich empfehle keine Produkte, ich stelle nur dar, wie ich es gemacht habe.
Schlagworte sind immer gut und Schlagworte braucht (oder besser: gebraucht) auch die Politik, um einen Sachverhalt darzustellen. Dies hier fällt in die Rubrik home security,
Internet of things (IoT), auch home automation, smart home oder auch smart city genannt. Weitere Schlagworte werden sich dazu noch finden lassen.
Aber zurück zum Thema: Installation einer Kamera zum Zwecke der Sicherung einer Wohnung.
Geräte
Für dieses Projekt habe ich folgende Geräte verwendet:
Kaufen. aufstellen, einrichten, fertig. Nein, so war es leider nicht.
Konfiguration der Geräte
Der Kauf der Geräte war das geringste Problem, die Konfiguration war schon etwas schwieriger.
Kamera
Die Kamera lässt sich per WLAN konfigurieren. Beim ersten Einschalten (bzw. nach einem Reset) baut die Kamera ein eigenes WLAN-Netz auf; die Daten dazu findet man auf einem Aufkleber auf der Unterseite des Gerätes. Ich habe die Konfiguration allerdings per Kabel von meinem Notebook aus vorgenommen. Die Konfiguration erfolgt in beiden Fällen über den Browser, das Passwort für den Zugang zur entsprechenden Webseite findet man ebenfalls auf der Unterseite des Geräts.
Das war alles kein Problem. Über den Browser kann man sich auch das aktuelle Kamera-Bild holen, aber: das Bild friert ein. Dies passiert nicht bei der niedrigen Auflösung (bzw. es dauert halt länger), aber die Kamera kann HD-Format, also 1920x1080 Pixel, also soll sie das auch liefern. Und bei dieser Auflösung fror das Bild sofort ein. Nein, die Kamera ist nicht defekt, dies ist ein Software-Problem.
Die Kamera bietet einen Zugang per Smartphone und Tablet, wofür der Hersteller seine Software empfiehlt:
Rollei SafetyCam. Und nun schaue ich mir auf der angegebenen Seite die Kommentare zu dieser Software an, danach verzichtete ich auf den Einsatz dieser Software. In den Kommentaren fand ich einen Hinweis auf eine andere Software:
IP Cam Viewer Basic. Diese Software habe ich mir dann geholt und auf meinem Tablet installiert. Bei der Konfiguration der Software habe ich als Kamera die Maginon 100 ausgewählt, denn dies ist vermutlich der Hersteller:
MAGINON. Bei dieser Software friert das Bild nicht ein.
Zurück zur Kamera. Die Kamera sollte ihre Bilder per WLAN an den Router senden, der sie dann an meinen Server weiterleiten soll. Dazu muß die Kamera in mein Heimnetz eingebunden werden, d.h. sie meldet sich per WLAN am Router an und erhält von diesem eine IP-Adresse. Bei einem Anschluß per Kabel an den Router klappte das auch, nur per WLAN klappte das nicht (Name des Netzes und Passwort des WLANs waren korrekt). Ein Versuch mit einem anderen Router klappte auf Anhieb. Ein Umtausch der Kamera brachte keine Veränderung (Entschuldigung Aldi). Letzter Versuch: statische IP-Adresse. Und siehe da, das klappte.
Also kümmere ich mich jetzt um den Server.
Server
Der von mir eingesetzte Computer
Raspberry Pi ist ein Computer im Scheckkartenformat, d.h. die Grundfläche des Computers entspricht genau einer Kreditkarte. Für diesen RasPi gibt es diverse Betriebssysteme; Download gemacht, ausprobiert und im 4. Versuch habe ich das für mich akzeptable Betriebssystem gefunden:
Raspbian Stretch with desktop. Software auf die SD-Karte gespielt, RasPi gebootet und eingerichtet: Tastatur, Sprache, Timezone usw. Die User angelegt, Betriebssystem aktualisiert und FTP-Software eingespielt:
FTP-Server auf Raspberry Pi mit ProFTPD. Bei der Konfiguration der Netzwerkkarte habe ich mich entschieden, auch diesem Computer eine statische IP-Adresse zu geben.
Platte
Die Platte habe ich bestellt, wurde geliefert und ich habe sie sofort an meinen Ubuntu-PC angeschlossen. Dann habe ich ein paar Verzeichnisse auf dieser Platte angelegt und jede Menge Dateien auf diese Platte kopiert. Dort finde ich jetzt die MP3-Dateien und die Filme aus der Mediathek, denn das ist mein Haupt-Anwendungszweck - als Home-Server.
Platte an RasPi
Um die Platte anzusprechen habe ich auf dem RasPi in der Datei
/etc/fstab folgende Zeilen eingetragen:
# meine externe Platte
/dev/sda1 /home/userftp ntfs defaults,nofail,uid=1002,gid=100 0 2
Damit landete die Platte unmittelbar nach dem booten des RasPi im Verzeichnis
/home/userftp.
Natürlich gab es noch einige Probleme mit Zugriffsrechten, aber das ist (fast) gelöst.
Mit dem Router verbinde ich meinen Server über Kabel per Powerline, da der RasPi in einer Ecke steht, wo der WLAN-Empfang nicht so gut ist.
Konfiguration des Routers
Ich nutze das Angebot der Fa. Unitymedia für den Internetzugang. Somit nutze ich eine Connect Box als Router, an der ich mehrere Einstellungen vorgenommen habe.
Viele moderne Geräte "telefonieren nach Hause", also habe ich das für die Kamera unterbunden und dazu im Menüpunkt
Erweiterte EinstellungenWLAN/MAC-Filter die MAC-Adresse der Kamera eingetragen, sodaß Datenpakete der Kamera nicht aus dem Heimnetzwerk heraus kommen.
Da der Router den angeschlossenen Geräten die IP-Adresse (mehr oder weniger) zufällig zuweist, habe ich sowohl den RasPi als auch die Kamera auf die Ausnahmeliste gesetzt, jeweils über die MAC-Adresse, d.h. sie erhalten vom Router keine IP-Adresse, dafür ist diese Adresse im jeweiligen Gerät statisch (=fest) eingetragen.
Soweit läuft jetzt alles. Es war doch ein bisserl Arbeit. Zeitfresser waren das Problem mit der Anbindung der Kamera an mein WLAN-Netz und das Ausprobieren der verschiedenen Betriebssysteme für den RasPi. Ach ja, die Einbindung der Platte an den RasPi muckte auch, natürlich.
Kosten
Natürlich kostet solch eine Lösung Geld: Die Kamera kostete 100€ (gab es bei Aldi im November im Angebot), der RasPi 50€ und die Platte 80€, also sagen wir mal rund 250€ kostete der Spaß.
Den RasPi kann man bei einer solchen Installation nicht weglassen, denn die Kamera speichert zwar Aufnahmen auch lokal auf einer Speicherkarte, aber dann nehmen die Einbrecher die Kamera mit (und somit auch die Speicherkarte) und Sie haben eben keine Bilder. Also brauche ich ein zusätzliches Gerät, auf dem die Bilder gespeichert werden, und für mich ist das der RasPi plus die Platte.
Ach ja, bei der genannten Summe wurden keine Lohnkosten berücksichtigt. Das habe ja alles ich gemacht.
Erfahrungen
Die Kamera lässt sich auf verschiedene Auflösungen einstellen. Natürlich habe ich die höchste Auflösung gewählt, nämlich HD-Format (= 1920 x 1080 Pixel). Es stellte sich aber heraus, daß von der Kamera aufgenommene Bilder nur im Format 640 x 480 Pixel vorliegen. Naja.
Die Kamera bietet die Möglichkeit, Aufnahmen per FTP auf meinem Server zu speichern (hochladen), das wollte ich ja so haben. Bei meinen ersten Versuchen schoß sie jede Sekunde ein Bild und lud es auf den RasPi, das macht 86.400 Bilder und das pro Tag. OK, das ist wohl etwas viel. Danach habe ich die Bewegungserkennung eingeschaltet und festgelegt, daß nur bei einer solchen Erkennung mehrere Bilder an den RasPi geschickt werden sollen. Das waren dann auch noch 4.000 Bilder am ersten Tag. Gut, an der Empfindlichkeit der Bewegungserkennung muß ich noch was drehen.
Die einzelnen Bilder erhalten einen Dateinamen, der Datum und Uhrzeit der Aufnahme enthält. Bei mir ist dies immer um mehr als 16 Stunden verschoben. Wie sagt ein Arzt zu einem Patienten: das müssen wir beobachten. Das Ergebnis der Beobachtung war, daß seit neuestem diese Angaben stimmen. Ich muß nicht alles wissen und verstehen.
Die Firma Rollei als offizieller Hersteller der Kamera bietet an, die Bilder in einer Cloud zu speichern:
Rollei Cloud. Ich habe mich gegen diese Lösung entschieden und dafür meinen Server gekauft. Bei einer Speicherung von Daten in einer Cloud habe ich keine Kontrolle mehr über Daten, denn ich gebe sie aus der Hand. Der ehemalig Hacker
Fefe hat zu diesem Thema auch eine Meinung geäussert:
Macht IoT in der Cloud, sagten sie!.
Pflegeaufwand
Die Bilder der Kamera landen auf dem Server in einem eigenen Verzeichnis der Platte. Diese hole ich mir dann per FTP auf meinem Standard-PC, der unter Ubuntu läuft. Auf diesem PC kann ich mir die einzelnen Bilder dann wie in einem Film ablaufen lassen.
Eigentlich müsste ich diese Auswertung jeden Tag machen, aber das ist natürlich zu viel Aufwand.
Die Kamera produziert in der aktuellen Konfiguration pro Tag ca. 2.000 Bilder, vielleicht sollte ich an den Einstellungen noch etwas drehen. Irgendwie muß ich diese Bilder ja auch wieder löschen, wobei auf der Platte genügend Platz ist. Dieses Löschen kann man natürlich automatisieren, über einen
cron-Job. Allerdings darf man im Falle einer Urlaubsreise nicht vergessen, diesen Job auch wieder auszuschalten, denn sonst löscht er während des Urlaubs die Bilder eines Einbruchs, weil diese Bilder schon einige Tage alt sind.
Fazit
Gut, ich habe was gelernt. Und mit dem RasPi wollte ich schon länger mal spielen, das ist auch ein gutes Gerät, trotz der Schwierigkeiten, die ich damit hatte. Und einen Home-Server wollte ich auch aufbauen.
Und bei der Kamera hoffe ich, daß ich sie nie brauche. Sie bleibt eingeschaltet.
Sonstige Anmerkungen
Auch in Wiesbaden gibt es etliche Kameras, die den öffentlichen Raum überwachen, von der Politik wird eine solche Überwachung immer mal wieder gefordert. Großbritannien ist mit diesen Geräten weit voran:
There are up to 4.2m CCTV cameras in Britain - about one for every 14 people.
Quelle: Britain is 'surveillance society'
Aber in Großbritannien sind Kameras abgebaut worden, da die Auswertung der Kameras sehr aufwändig und somit teuer ist, bei mäßigem Nutzen.
Strom
Die im Text angegebenen Geräte benötigen natürlich Strom, denn ohne Strom funktionieren sie nicht. Aber wieviel Strom verbrauchen sie?
In Wiesbaden bietet
ESWE-Versorgung ein Strommeßgerät an, das ich mir mal ausgeliehen habe. Mit diesem Gerät habe ich die Messung durchgeführt und kam zu folgenden Werten:
- Kamera 2,3 Watt
- RasPi: 4.5 Watt (6.5 Watt inkl. Powerline-Adapter)
Und das macht dann im Monat: ca. 7 Watt * 24 Stunden * 30 Tage *0,33 € pro kwh = ca. 1,70 € pro Monat für Strom (ca, 2,10 € inkl. Powerline-Adapter). OK, das akzeptiere ich.
Urlaub
Ich war für eine Woche in Urlaub und die Kamera blieb natürlich an. Und als ich wieder zurück war, habe ich mir die Bilder angeschaut: es waren etwa 400 Aufnahmen, die die Kamera in dieser Woche geschossen hatte. Vermutlich wurden etliche Aufnahmen durch das Licht vorbeifahrender Autos angestoßen worden.
Entwicklungen
Dieses Thema nimmt Fahrt auf. Div. Anbieter springen auf diesen Zug auf und bieten Lösungen an.
Telekom
Ein Beispiel eines solchen Anbieters ist die Deutsche Telekom, die dieses anbietet:
Wie clevere Alarmanlagen mit Bewegungsmelder Wohnungen sicher machen!. Allgemein sieht man in diesem Geschäftsfeld noch viele Möglichkeiten:
Willkommen bei Magenta SmartHome.
Kritik
Gelegentlich gibt es auch Kritik zu den Lösungen, die ich hier ansatzweise vorgestellt habe:
34C3: Staubsauger aus der Cloud befreien
Die Lösung mit der Kamera ist nur ein Mosaiksteinchen aus dem großen Bild. Das Thema bleibt interessant.