Freitag, 13. März 2020

Man beobachtet mich


Ich halte mich nicht für ungeheuer wichtig. Und ich fühle mich auch nicht von irgend jemandem verfolgt. Neben mir steht auch nicht ein Hase mit Namen Harvey1), ich glaube an die Existenz der Stadt Bielefeld2), glaube nicht an Chemtrails3) und halte die Mondlandung für realistisch4). Allerdings besitze ich die Anleitung zum Bau eines Aluhuts5), aber nur aus Neugierde heraus. Und trotzdem finde ich, daß jemand (fast) jeden meiner Schritte beobachtet.

Ich meine dieses:

Das lieferte mir Google
Mittwoch 4.3.2020 Donnerstag 5.3.2020

Ich war nämlich in Urlaub, zum Skifahren. Und da ich ein Smartphone mit dem Betriebssystem Android besitze, kann Google meine Aktivitäten (=meine Bewegungen) aufzeichnen, sofern ich in den Einstellungen den Punkt Standort eingeschaltet habe. Und diesen Punkt hatte ich eingeschaltet, da ich das Smartphone für die Fahrt in den Urlaubsort als Navi verwendet habe. Mit dieser Einstellung wird mein Aufenthaltsort beständig an Google übermittelt. Das geht über die Datenverbindung meines Smartphones, geht also von dem von mir gebuchten Datenvolumen ab.

Das geht auch noch detaillierter, wie Sie an folgendem Bild erkennen:


An diesem Donnerstag (5.3.) hatten wir schlechte Sicht. Trotzdem bin ich mit dem Skibus ins Skigebiet gefahren, habe mich dort ein wenig betätigt, bin aber bald zurück ins Hotel gefahren, wo ich von ca. 11 bis 14 Uhr war, die Angaben im Bild könnten somit stimmen. Und nach 14 Uhr bin ich ein wenig im Ort herumgelaufen und war u.a. im lokalen Supermarkt (MPREIS). Und was habe ich zwischen 11 und 14 Uhr gemacht? Das möchte Google jetzt auch gerne wissen: Missing activity und bittet mich deshalb: ADD ACTIVITY.

Das werde ich natürlich nicht machen. Ich werde Google nicht sagen, daß ich in der Zwischenzeit im Hotel in der Lobby gesessen, etwas gelesen und dabei Cappuccino getrunken habe.


Bewertung

Es gibt Dinge, die gehen Außenstehende nichts an. Genau genommen sind das sogar ziemlich viele Dinge, für die ich Außenstehenden keine Rechenschaft ablegen muß. Und Google gegenüber schon gar nicht.

Ich benutze mein Smartphone gerne, ich halte dieses Gerät für einen grossen Gewinn an Komfort in meinem Leben. Aber ich will nicht überwacht werden, weder von einem Staat noch von einem Unternehmen.


Smartphones

Der Markt der Smartphones (und Tablets) ist aufgeteilt zwischen Android-Systemen (mit unterschiedlichen Herstellern der Hardware) und Apple-Produkten (Hard- und Software aus einer Hand). Android-Systeme haben einen Anteil von ca. 80%, Apple-Systeme einen Anteil von 20%. Es gab einmal ein System von Microsoft (Windows Phone), aber das ist mittlerweile bedeutungslos.

Wie dies unter Android aussieht, habe ich hier in diesem Text beschrieben. Nun besitzen Sie aber ein Produkt der Fa. Apple und meinen, daß diese Überwachung bei Ihnen nicht stattfindet. Ich kann Sie beruhigen, ein Apple-Produkt macht dies ebenfalls.


Bewertung 2

Es gibt ein Einerseits und ein Andererseits.

Einerseits lehne ich diese Überwachung ab.

Andererseits kann es schon nützlich sein, eigene Aktivitäten nachträglich verfolgen zu können oder in einem Notfall lokalisierbar zu sein.

An meinem Smartphone ist in den Einstellungen der Punkt Standort-Bestimmung ausgeschaltet, ausser ich benötige die GPS-Funktion z.B. für die Navigation im Auto.

Hier können Sie sich Ihre Bewegungsdaten ansehen (Anmeldung bei Google erforderlich): Timeline.

Unter dem Aspekt des Datenschutzes halte ich diese Aufzeichnung der Bewegungsdaten für sehr problematisch. Eine Beschreibung, wie man unter Android die Aufzeichnung des Standortverlaufs abschalten kann, finden Sie hier: I am here. Auf meinem Gerät sah dies aber schon wieder etwas anders aus.


Nachtrag

Aktuell grassiert dieses Corona-Virus. In diesem Zusammenhang fand ich diese Aussage:

Taiwan, Vietnam, Hongkong, Singapur: Trotz der Nähe zu China haben diese asiatischen Staaten weit weniger Corona-Fälle als ihre Nachbarn – auch weniger als die Schweiz und Deutschland. Was machen diese Länder besser?
...
Wurde jemand unter Quarantäne gestellt, lokalisierten die Behörden das Handy der Person. So stellten sie sicher, dass der Betroffene das Haus nicht verlässt.

Quelle: Tiefe Infektionszahlen, weniger Todesfälle: Weshalb Chinas Nachbarstaaten die Corona-Epidemie besser beherrschen als viele europäische Länder in der NZZ vom 11.3.2020

Das Smartphone als eine Art elektronischer Fußfessel, die man freiwillig trägt.

Einerseits ist die Bekämpfung des Virus notwendig und gut, andererseits ist dieses Gerät ein perfektes Instrument der Überwachung.




Anmerkungen: