Donnerstag, 13. September 2018

Open Data: Haushalt der Stadt Wiesbaden


Das Stadtparlament der Stadt Wiesbaden kennt Ausschüsse, in denen Einzelfragen diskutiert werden, die man nicht im grossen Plenum diskutieren will. Hier finden Sie eine Liste dieser Ausschüsse1). Einer dieser Ausschüsse trägt den Namen Ausschuss für Bürgerbeteiligung und Netzpolitik ( 056 ), dort werden u.a. die IT-Themen besprochen, manchmal.

Die letzte Sitzung dieses Ausschusses fand am 18.8.2018 statt. Der Wiesbadener Kurier berichtete in seiner Ausgabe vom 4.9. über diese Sitzung unter der Überschrift: "Gute Idee von der falschen Seite" (leider nicht online verfügbar). Als IT-relevantes Thema gab es in dieser Sitzung des Ausschusses diesen Antrag der Fraktion Linke&Piraten: Eingaben "Partei glitzerkollektiv.de".

In diesem Antrag findet man mehrere Aspekte, wobei ich hier für diesen Text nur einen Aspekt herausgreifen möchte: Die Stadt Wiesbaden soll ihren Haushalt in maschinenlesbarer Form zur Verfügung stellen. Dieser Vorstoß fällt unter das Schlagwort Open Data, was ja bereits mehrmals ein Thema in diesem Blog war.


Open Data

Was versteht man unter Open Data? Dazu schreibt Wikipedia:
Als Open Data (aus englisch open data, wörtlich offene Daten) werden Daten bezeichnet, die von jedermann ohne jegliche Einschränkungen genutzt, weiterverbreitet und weiterverwendet werden dürfen.

Die Forderung danach beruht auf der Annahme, dass frei nutzbare Daten zu mehr Transparenz und Zusammenarbeit führen. Der volkswirtschaftliche Wert offener Daten aus der öffentlichen Verwaltung wurde 2016 von der Konrad-Adenauer-Stiftung auf jährlich 43,1 Milliarden Euro geschätzt. Um die Nachnutzbarkeit zu gewährleisten, werden Freie Lizenzen verwendet. Die Open-Data-Bewegung ist im Umfeld der Wissensallmende anzusiedeln und teilt viele Argumente mit den artverwandten Themen Open Source, Open Content, Open Access und Open Education. Die Bereitstellung offener Daten durch die öffentliche Hand wird als eine Voraussetzung für Open Government angesehen.

Quelle: Artikel zu Open Data in der Wikipedia

Ein vernünftige Sache, wie ich finde. Leider ist dies bei der Stadt Wiesbaden noch nicht umgesetzt, auch in der Stadtpolitik spielte das Thema bisher keine Rolle. Bei der Kommunalwahl in Wiesbaden in 2016 war die SPD die einzige Partei, die dieses Thema in ihrem Wahlprogramm angesprochen hatte:
Open Data
Wir wollen die Daten, die der Stadtverwaltung zur Verfügung stehen bzw. die sie erstellt, allen Bürgerinnen und Bürgern, zur Nutzung, Weitergabe und Weiterverwendung zur Verfügung stellen. Die Grenzen der Offenlegung der Daten werden durch Gesetze vorgegeben (Datenschutz, Urheberrecht usw.). Schon jetzt werden zahlreiche Daten über das Internet zur Verfügung gestellt, so z.B. der Haushaltsplan der Stadt, Gutachten, sofern dies rechtlich möglich ist, sowie Bebauungspläne, statistische Berichte und vieles mehr. Daran wollen wir festhalten und dort, wo es möglich ist, noch mehr Informationen zur Verfügung stellen. Unser Ziel ist es die Bürgerinnen und Bürger an der Stadtgestaltung zu beteiligen. Mit Open Data soll es möglich sein, Bürgerdienste von Bürgern für Bürger zu schaffen.

Quelle: Programm der SPD zur Kommunalwahl in Wiesbaden 2016


Haushalt der Stadt Wiesbaden

Worum geht es in obigem Antrag? Der Kern der Forderung ist die Offenlegung des Haushalts der Stadt Wiesbaden in einer Form, die von einem Computer weiterverarbeitet werden kann (zumindest sehe ich diesen Punkt als Kern des Antrags).

Der Haushalt der Stadt Wiesbaden beträgt über 1 Milliarde Euro, jeweils für das Jahr 2018 und 2019. Er speist sich aus Steuergeldern, also Ihrem und meinem Geld. Und als Wähler haben Sie und ich einen Anspruch auf Informationen, wofür dieses Geld ausgegeben wird. Nun kann man diesen Haushalt auch als PDF-Datei erhalten, aber was kann man mit einer PDF-Datei machen? Wikipedia schreibt dazu:
Ziel war es, ein Dateiformat für elektronische Schriftstücke zu schaffen, sodass diese unabhängig vom ursprünglichen Anwendungsprogramm, vom Betriebssystem oder von der Hardwareplattform originalgetreu wiedergegeben werden können.

Quelle: Portable Document Format

Und weiter schreibt Wikipedia dazu:
Das Format ist jedoch nicht mit Dateiformaten von Textverarbeitungsprogrammen oder Grafikprogrammen vergleichbar und eignet sich, abgesehen von der Notiz- und Kommentarfunktion, nur begrenzt zur Weiterverarbeitung von Dokumenten.

Quelle: Bearbeiten von Dokumenten

Schauen Sie sich doch bitte einmal diese Darstellung eines Haushalts der Stadt Wiesbaden an. Hier finden Sie diesen als PDF-Datei: Haushalt. Sie finden dort die Haushalte der Stadt Wiesbaden von 2008/2009 bis 2016/2017, aber leider noch nicht den Haushalt für 2018/2019.


Durchblick

Verstehen Sie diesen Plan? Sicherlich muß man sich in ein solches Sachgebiet einarbeiten, was vermutlich auch Zeit erfordert. Trotzdem sind diese Zahlen in dieser Form kaum verwertbar. In dieser Form ist der Haushaltsplan nicht besser verwertbar als ein Ausdruck auf Papier.

Ich möchte Ihnen diese Seite präsentieren: Offener Haushalt. Dies kann dann z.B. so aussehen (am Haushaltsplan der Stadt Frankfurt):

OffenerHaushalt.de

Weitere Informationen kann man erhalten, in dem man auf einzelne Felder klickt. Allerdings ist diese Software noch im Aufbau begriffen, aber die Richtung ist erkennbar. Hier beschreiben die Macher sich selbst: Über das Projekt:
OffenerHaushalt.de trägt dazu bei, dass Bürger ein klareres Bild über die Finanzen ihrer Kommune bekommen und somit besser am politischen Diskurs teilnehmen können. Die Visualisierung und Erklärung von Haushaltsplänen ist dabei nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer transparenten und partizipativen Finanzpolitik. Deshalb fordern wir, dass

  • sämtliche Haushaltsdaten maschinenlesbar (z.B. als CSV-Datei) zur Weiterverwendung veröffentlicht werden.
  • die Daten ausreichende Informationen liefern, um eine aussagekräftige Analyse der regionalen / lokalen Haushaltspolitik vornehmen zu können. Das bedeutet, dass zusätzlich zu Haushaltsplänen auch die Sondervermögen und Beteiligungen der jeweiligen Kommune maschinenlesbar veröffentlicht werden.
  • sich öffentliche Verwaltungen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft austauschen und einen deutschen Standard für offene Finanzdaten erarbeiten. Hierfür laden wir Sie herzlich zur Mitarbeit ein.

Quelle: Über Finanzdaten


Schlagworte

Sowohl im Antrag der Fraktion Linke&Piraten als auch im Text der Seite Offener Haushalt tauchen einige Schlagworte auf. Diese sind csv, OParl und XBRL, die ich Ihnen hier erläutern möchte.

CSV

In meinem Text zu Feinstaub und Stickoxide finden Sie ein Beispiel zu Daten im CSV-Format, nämlich die Messwerte der Luftmessstation an der Ringkirche. Daten in diesem Format können Sie sehr einfach in Excel (oder ähnlichem Programm wie LibreOffice) importieren und dort weiterverarbeiten.
Wikipedia hat eine Beschreibung dieses Datenformats: CSV (Dateiformat).


OParl

Eine weitere Möglichkeit bietet OParl, zu dem Sie hier Informationen finden: OpenData für Ihr Rat- oder Kreishaus.

XBRL

Auch zu diesem Schlagwort findet sich ein Eintrag in der Wikipedia: XBRL (eXtensible Business Reporting Language).

Sie sehen, es gibt vielfältige Initiativen zu diesem Thema.


Ziel der Initiativen

Zu jedem Datenformat finden Sie auf der entsprechenden Seite Beispiele. Und wenn Sie sich diese Beispiele ansehen, werden Sie feststellen, daß Sie für das menschliche Auge kaum lesbar sind. Das macht aber nichts, denn diese Daten sollen vom Computer gelesen werden. Dieser wird die Daten aufbereiten und in eine Speicherform bringen, damit ein nachfolgendes Programm diese Daten weiterverarbeiten kann (d.h. Aufbereitung, Visualisierung, Report). Und das ist der Sinn dieser Aktionen und dieses Antrags.

Natürlich kann und wird nicht jeder Leser dieses Blogs sich die Daten holen, aufbereiten, in eine Datenbank stecken und darüber eigene Auswertungssoftware laufen lassen, aber vielleicht werden dies einige Bürger dieser Stadt machen. Und wenn diese Bürger diese Daten dann der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, dann gewinnen alle Bürger dieser Stadt von dieser Form des Engagements. Und vielleicht hat jemand eine neue Idee, auf diese Daten drauf zu schauen und eine andere Form der Auswertung durchzuführen, eine Anwendung, an die wir heute noch nicht denken, dann können wir alle davon gewinnen.


Fazit

Ich unterstütze die Forderung und die Initiativen zu Open Data.




Anmerkungen: