Sonntag, 24. Mai 2020

Lessons learned ?


Nach jeder Krise sollte die Erkenntnis wachsen, daß sich so etwas nicht wiederholen darf. Also stellt man danach u.a. folgende Fragen:

  • Was ist schiefgelaufen?
  • Worauf waren wir nicht vorbereitet?
  • Warum waren wir nicht vorbereitet?
  • Wie stehen wir im Vergleich zu anderen?
  • Wo stehen wir besser, wo stehen wir schlechter da?

Und viele weitere Formulierungen der immer gleichen Frage. Im Grunde läuft es auf diesen Punkt hinaus: Was müssen wir ändern, damit sich das nicht wiederholt?

Und im Neudeutsch der Wirtschaft nennt sich dies: Lessons learned? Und bezogen auf die aktuelle Pandemie heißt dies: Welche Konsequenzen ziehen wir aus dieser Entwicklung?

An einigen wenigen Punkten möchte ich dazu einige Anmerkungen machen. Und es wird Sie sicher nicht verwundern, daß ich mich auf Punkte aus dem Bereich IT beschränke.

Home-Office

Viele Menschen arbeiteten von Zuhause aus, aus dem Homeoffice. Das geht nicht in allen Berufen, oder wie soll ein Müllwerker Ihre Mülltonne leeren, aus dem Homeoffice? Auch ein Arzt oder ein Polizist kann nicht von Zuhause aus arbeiten. Aber bei vielen Menschen ging das, und in der IT-Branche ist dies schon längere Zeit möglich, wenn auch nicht für alle Mitarbeiter.

Von Zuhause aus zu arbeiten bedeutet, daß man an seinem Computer sitzt, man sich darüber an einem anderen Computer (=Server) anmeldet (=einloggen) und dort seine Arbeit macht, als sitze man am Computer im Büro. Dafür benötigt man den Computer (kein Problem), die entsprechende Software (kein Problem) und einen entsprechend leistungsfähigen Internetanschluß. D.h. schnell muß die Leitung sein.


Internet-Anbindung

Wie sieht es mit der Anbindung eines Haushalts ans Internet aus? Sicherlich unterschiedlich, denn es gibt Bereiche in Deutschland, in denen eine 100 MBit-Anbindung möglich ist. Aber es gibt auch Haushalte, die mit 16 MBit/s surfen müssen, weil die Leitung nicht mehr hergibt. Und es gibt immer noch Fälle, in denen man von 16 MBit/s nur träumen kann......

Vor etlichen Jahren gab es diesen Zustand in Wiesbaden-Heßloch. Durch Initiative und Beharrungsvermögen des Ortsbeirates und etlicher Bürger gab es dann doch irgendwann eine privatwirtschaftliche Möglichkeit, diesen Ortsteil von Wiesbaden mit schnellem Internet zu versorgen. Bei einer Diskussion vor dem entsprechenden Ausbau gab es eine rege Beteiligung, und als einer der ersten Diskussionsbeiträge tauchte die Frage nach der Möglichkeit des Homeoffice auf, die (alter Stand) in Heßloch völlig zu vergessen war. In der damaligen Diskussion konnte man der Politik die Notwendigkeit des Homeoffice nicht erklären. Jetzt, in der Pandemie, sieht die Situation etwas anders aus, aber welche Schlüsse ziehen wir aus den ersten Versuchen mit Homeoffice? Wo hat es in den Leitungen geklemmt? Wo ist die Anbindung eines Haushalts ans Internet zu schwach für Homeoffice? Und daraus den Schluß ziehend: Wann bauen wir diese Leitungen aus?


Software

Bei der Frage der Arbeit von Zuhause aus stellt sich unweigerlich die Frage nach der einzusetzenden Software. Jeder experimentierte so herum, es gab keine einheitlichen Kriterien, und in manchen Bundesländern wurde eine Software verboten, die in anderen Bundesländern empfohlen wurde (Föderalismus halt). Wie würde das im Wiederholungsfalle aussehen?

Viele Menschen haben sich das Wissen über den Umgang mit der entsprechenden Software selbst beigebracht, sie mussten halt irgendwie sehen, wie sie damit klarkommen. Aber ist dies ein guter Weg?

Welche Erfahrungen im Einsatz dieser Software liegen vor? Was muß anders (besser?) werden?


Mitarbeiter

Wenn ein Mitarbeiter sich mit seinem Computer in den Firmenserver einloggt, und dafür hoffentlich ein VPN benutzt, dann zeigt sich, ob er einen PC hat. Hat er ein solches Gerät (Desktop oder Notebook)? Um an einer Videokonferenz teilnehmen zu können braucht es ja zumindest einmal einen Computer mit der entsprechenden Ausstattung, aber haben die Firmen und Behörden für solche Notfälle entsprechende Geräte? Es war nicht nur Toilettenpapier ausverkauft, auch Nudeln, Dosen-Ravioli und Notebooks(!) waren nicht mehr zu bekommen. Kann sich dieser Effekt wiederholen?


Lehrer

Irgendwie musste der Unterricht organisiert werden, wenn Schüler nicht mehr in die Schule dürfen. Wie machen wir das? Wie sieht die Vermittlung von Wissen aus? Und wie die Prüfungen?


Schüler

Es soll Schüler geben, die sich keinen Computer leisten können. Hat die Politik darauf eine Antwort?

Mail

Innerhalb der Pandemie wurden viele Mails verschickt, z.T. mit Anhang. Unter diesen Mails waren natürlich solche mit mehr oder weniger lustigen Filmen. Und so bekam auch ich einen Film zum Thema Masken zugesandt, d.h. es war die Anleitung, wie man ohne Nähen zu können aus einem T-Shirt eine Maske schneidert. Funktioniert übrigens, wie mir eine Bekannte bestätigte. Diesen Film wollte ich gerne weiterleiten, man hilft sich ja. Gesagt und (nicht) getan: Das war die Meldung, die ich dabei erhielt:


Das war der Hinweis meines Mailprogramms. Sofern man auf OK klickt, kommt diese Nachricht:


Klartext: Diese Mai wurde nicht versandt.

Ein Film von 3 Minuten Dauer und einer Größe von ca. 20MB (im Internet werden daraus 30MB, dafür gibt es Gründe), den ich nicht per Mail verschicken konnte.

Warum ist das so?


Automatisierung

Vor etwa einem Jahr hatte ich hier in diesem Blog einen Text zum Thema Parkplätze veröffentlicht, zu finden hier: ParkenDD. Beschrieben hatte ich das Programm ParkenDD, das für ausgewählte Städte anzeigt, welche Parkhäuser es gibt, wieviele freie Parkplätze es im jeweiligen Parkhaus gibt und wie man von seinem aktuellen Standort hin zu einem gewählten Parkhaus kommt (Navigation).

Die Anzeige der Anzahl freier Parkplätze in einem Parkhaus muß aktuell sein. Es nützt Ihnen nichts, wenn das Programm auf Ihrem Smartphone anzeigt, wieviele Parkplätze vor 5 Tagen frei waren. Das Programm erreicht diese Aktualität, indem es automatisch die entsprechenden Informationen der jeweiligen Stadt anfordert und abholt, diese Daten auswertet, aufbereitet und anzeigt. Und das funktioniert, wie Sie hier am Beispiel der Parkhäuser in Wiesbaden überprüfen können. Wobei dieses Programm eigentlich für ein Smartphone gedacht ist, ich Ihnen aber hier die Seite für einen PC angeboten habe. Entwickelt wurde dieses Programm initial von 2 Studenten aus Dresden.

Bei den Daten zu Corona verwendet man aber nicht eine solche Lösung, die auf einer automatischen Übermittlung von Daten aufbaut, sondern setzt auf bewährte Geräte wie ein FAX, wie ich dies hier beschrieben habe: Es lebe das FAX-Gerät und Sind Viren christlich?. Auf der Basis alter Daten trifft die Politik Entscheidungen, die in unser Leben massiv eingreifen.

Auf der Basis veralteter Informationen würden Sie kein Parkhaus auswählen. Aber im Umgang mit den von Corona erzeugten Krankheiten verlassen wir uns auf einen alten Datenbestand.

Warum können 2 Studenten aus Dresden eine solche Lösung bauen? Das Beispiel Fallzahlen zu Corona zeigt, daß unsere Politik vergleichbares nicht hinbekommt? An Geld mangelt es der Politik nicht.


Behördengänge

Im Rahmen der Pandemie ging einiges nicht mehr. Neben vielen anderen Einrichtungen war in Wiesbaden das Bürgerbüro geschlossen. Telefonisch kam man nicht durch, das Telefonnetz war überlastet. Aber für die Zeit nach dem Lockdown konnte man einen Termin machen, wenn man - ja wissen musste man schon wie.

Auf der Seite wiesbaden.de kann man einen solchen Termin machen. Und da diese Möglichkeit irgendwo in den Tiefen dieser Seite versteckt ist, nutzt man die angebotene Suche, um das entsprechende Formular zu finden. Also gibt man ein "bürgerbüro terminvereinbarung" und erhält diese Antwort:


Über die angebotene Seite können Sie aber keinen Termin vereinbaren. Also geht man zu Google und gibt dort ein: wiesbaden bürgerbüro terminvereinbarung. Und das erhält man als Antwort auf seine Anfrage:


Die ist der erste Treffer in der Liste und er führt zur richtigen Seite:


Mal eine Frage: Wieso kann die Firma Google das besser als die Stadt Wiesbaden auf ihrer eigenen Seite? Der Unterschied liegt im Wort Terminvereinbarung vs. Terminreservierung. In Wiesbaden erwartet man die Verwendung des korrekten Wortes, Google ist da toleranter und führt Sie bei der Vorgabe "terminvereinbarung" auch zur Lösung "terminreservierung".

Sind wir vom US-amerikanischen Unternehmen Google abhängig, wenn wir hier in Wiesbaden IT-mässig arbeiten wollen?

Zurück zur Seite wiesbaden.de. Gibt man in der Suchmaske ein: "bürgerbüro terminreservierung", erhält man auch das richtige Angebot:


Tja, man muß schon die richtigen Fragen stellen können, um von der Seite wiesbaden.de eine befriedigende Antwort zu erhalten. Kleine Abweichungen toleriert diese Seite nicht, deswegen sollte man Google benutzen.

Im Ergebnis landen Sie dann bei einer hässlichen Seite ausserhalb der Seite wiesbaden.de, wo Sie Ihren Terminwunsch eintragen können. Dies sieht dann so aus:


Aber auch dort können Sie nichts eingeben, denn alle Datumsfelder sind gesperrt. Lediglich die Art der Dienstleistung können Sie anwählen.

Ob Vereinbarung oder Reservierung, Sie bekommen keinen Termin.

Ich habe etliches an Software geschrieben, aber für eine Software, die nicht funktioniert, habe ich noch nie Geld erhalten. Wer hat diese Software eigentlich abgenommen?


Glasfaser ins Arbeitszimmer

Die Einstellung zum Thema Homeoffice ändert sich. Sehr weit in dieser Frage geht der französische Autobauer PSA:

PSA, der Hersteller der Marken Peugeot, Citroën und Opel will seine Angestellten nur noch einen bis anderthalb Tage pro Woche im Büro arbeiten lassen. Den Rest der Zeit sollen sie im Homeoffice - in Frankreich Télétravail genannt - verbringen.

Quelle: Wird Heimarbeit die neue Regel?

Das alles ist nur möglich, wenn die Internetanbindungen entsprechend leistungsfähig sind. Wird jetzt Glasfaser bis ins Arbeitszimmer gelegt?