Samstag, 23. Januar 2021

Monty Python (oder Impftermine in Hessen, Teil 2)


Monty Python kennen Sie, und das Thema Impftermine in Hessen kennen Sie aus meinem letzten Text hier. Aber was haben diese beiden Dinge miteinander zu tun? Da sich dieser Blog mit IT-Themen beschäftigt, will ich die jeweilige IT-Seite dieser Ereignisse betrachten und gegenüberstellen.


Monty Python

Diese Truppe von britischen Anarcho-Komikern muß ich Ihnen doch nicht vorstellen? Immerhin besitzen Sie einen Computer und haben sicherlich eine Mail-Adresse. Da haben Sie doch auch schon mal eine SPAM-Mail bekommen, vielleicht von einem nigerianischen Prinzen, der zuviel Geld hat, aber nicht drankommt......

Hier sehen und hören Sie, woher der Begriff SPAM für solche Mails kommt: SPAM.

Die Gruppe gründete sich 1969 und trat 1989 zum letzten Mal gemeinsam auf. Weitere Details finden Sie hier: Monty Python.


1 down, 5 to go

Im Jahre 2014 wollte die Truppe erneut live auftreten, allerdings ohne Graham Chapman, der bereits 1989 verstorben war. Dieser Auftritt fand statt in London in der O2-Arena am 1. Juli 2014. Hier ein Bild von dieser Veranstaltung:

Monty Python Live (Mostly).jpg
The opening of the first reunion performance
© By Taras Young - Own work, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons.

Eine Beschreibung der Veranstaltung finden Sie hier: Monty Python Live (Mostly)


Tickets

In die O2-Arena in London gingen 20.000 Menschen, d.h. diese Anzahl an Tickets konnte verkauft werden. Der Verkauf begann am 25. November 2013 um 10 Uhr Ortszeit via Internet. Nach 43 Sekunden waren alle Tickets verkauft.

Sofort wurden Termine für weitere Shows angefügt, so daß es insgesamt 5 Auftritte der Truppe waren. Für alle 5 Auftritte gab es somit 100.000 Karten und alle Karten waren innerhalb einer Stunde verkauft.


Internet

Das Internet kann so etwas.

20.000 Tickets wurden in 43 Sekunden verkauft. Das macht etwa 500 Tickets in einer Sekunde.

100.000 Tickets wurden in 1 Stunde verkauft, das macht mehr als 25 Tickets in 1 Sekunde.

Und das alles im Jahre 2013. Mittlerweile sind über 7 Jahre vergangen und die Computer wurden besser, billiger und insbesondere schneller, also insgesamt leistungsfähiger. Auch das Internet ist in diesen 7 Jahren weiter ausgebaut worden, weshalb es heute leistungsfähiger ist als es damals war. Ach ja, damals brach auch kein Server zusammen. Der Ansturm wurde behandelt.


Daten

Nun kann man einwenden, daß der Verkauf von Tickets eine einfachere Tätigkeit ist als die Zuweisung eines Termins für eine Impfung. Nun, beim Verkauf eines Tickets findet ein Zahlungsvorgang statt, d.h. neben persönlichen Daten werden auch Daten einer Kreditkarte erfasst. Mit diesen Daten wird ein externer Server angefragt, der die Abbuchung vornimmt und ein OK zurückgibt. Bei einem Impftermin werden auch Daten erfasst, die mit den Meldedaten eines Bürgers abgeglichen werden. Der Aufwand dürfte praktisch gleich groß sein.


Eine einfache Rechnung

In den Leserbriefspalten der Tageszeitungen fand man Berichte, daß auch am zweiten Tag ein Impftermin häufig nicht gebucht werden konnte. Deshalb gehe ich davon aus, daß der Andrang auch am zweiten Tag nur mit Mühe behandelt werden konnte.

20.000 Tickets in 43 Sekunden, das macht etwa 500 Tickets pro Sekunde.

60.000 Impftermine gab es in der ersten Impfrunde. Verteilt über 2 Tage macht dies etwa 1 - 2 Termine, die pro Sekunde abgehandelt wurden. Nun ist dies eine sehr grobe Schätzung, weshalb ich diese Zahl auf 5 Termine pro Sekunde erhöhe.

500 Buchungen pro Sekunde gegen 5 Buchungen pro Sekunde. Was für ein Vergleich. Was für ein Abstand.

Wenn 100.000 Tickets innerhalb einer Stunde verkauft werden konnten, dann müssten 60.000 Impftermine in weniger als 40 Minuten vergeben werden können, sofern man eine vergleichbare Infrastruktur zur Verfügung hat.

Jeder vergebene Impftermin bewirkt, daß ein Mensch sich vom System verabschiedet, d.h. er entfernt sich aus der Warteschlange. Je mehr Termine vergeben wurden, desto geringer wird der Ansturm, desto kürzer wird die Warteschlange. Im Falle der Impftermine dauerte es 2 Tage, bis alle Termine vergeben waren und sich die Situation entspannte.


Streams

"And Now for Something Completely Different", nämlich zurück zu Monty Python und ihrer Show im Jahre 2014. Nachdem die erste Show innerhalb von weniger als einer Minute ausverkauft war wurden 4 weitere Shows angesetzt. Da auch diese nach einer Stunde ausverkauft waren wurden 5 weitere Shows angesetzt, somit waren es insgesamt 10 Shows. Die letzte dieser Shows wurde live übertragen. In Deutschland konnte man dies über Arte sehen, via Arte Concert, zu sehen über das Internet. Und nichts ging. Erst sah man gar nichts, dann kamen langsam Bilder, die aber unvollständig waren, verschmiert und eingefroren. Dann kam mal wieder ein bissel was usw. Auf Arte im Forum schlugen die entsprechenden Beschwerden ein, darunter auch solche von mir. Im Stream von Arte erschien dann dieses Bild:


Solche Probleme können auftreten, denn bei der Schätzung der Nachfrage kann man sich vertun. Aber man kann solche Probleme auch angehen, z.B. indem man kurzfristig und schnell Computerleistung dazuschaltet. 2014 konnte man das, denn irgendwann ging es dann. Und nicht erst nach Stunden.

Heute ist das kurzfristige Zuschalten von Computerleistung kein Problem mehr. Schon 2014 ging dies.


Politik

Zurück zu Corona, zu dieser Pandemie. Man erzählt den Menschen, daß es eine ansteckende Krankheit gibt. Man erzählt den Menschen auch, daß es jetzt einen Impfstoff gegen diese Krankheit gibt. Und man fordert sie auf, sich impfen zu lassen. Dafür benötigt man einen Termin, wofür man eine Hotline und eine entsprechende Internetseite einrichtet. Und dann machen die Menschen das und man stellt mit Schrecken fest, daß es einen Ansturm auf die Internetseite (oder die Hotline) gibt. Man erwartet, daß Menschen 2 Tage lang am Computer sitzen, es immer und immer wieder versuchen und hoffen, einen Termin zu ergattern. Oder daß sie immer und immer wieder die Nummer der Hotline anrufen. Etwa 60.000 Menschen in Hessen gelang es dann doch, einen Termin zu erhalten.

Und wenn alle Termine vergeben wurden, dann kommt der Hinweis, daß keine weiteren Termine frei sind. Aber dafür schickt man immer noch 4 MB an Programm und Daten über die Leitung für diese einfache Aussage.

Wie das Beispiel Monty Python zeigt ging das alles in Großbritannien ohne Probleme, aber das war ja auch im Jahre 2013. Heute in Deutschland am Beispiel der Impftermine in Hessen geht so etwas nicht. Die Computerleistung steht nicht zur Verfügung, die Abfrage der Meldedaten ist zu aufwändig, das Internet ist nicht richtig ausgebaut, das Anmeldeprogramm geht verschwenderisch mit den Ressourcen um, usw. Woran auch immer es gelegen haben mag, es geht nicht.

Wer ist eigentlich dafür verantwortlich? In Großbritanien (wo es geklappt hat)? Und in Deutschland, wo es nicht klappt?