Montag, 19. Juli 2021

Suchen & Finden


"suchet, so werdet ihr finden" - so steht es schon in der Bibel1). Und das möchte ich am Beispiel des Internetauftritts dieser Stadt überprüfen. Findet man das, was man sucht?

Die Stadt Wiesbaden hat im Rahmen der Pandemie mehrfach und voller Stolz verkündet, daß man über das Internet, also Online, einen Termin im entsprechenden Amt vereinbaren könne. Somit würden unnötige Besuche vermieden, der Andrang im Amt reduziert und Sie als Bürger kommen schneller zum Ziel.

Mal angenommen, Sie müssen Ihren Ausweis verlängern und benötigen dazu einen Termin im Bürgerbüro. Dann gehen Sie auf die Seite wiesbaden.de und ... und dort müssen Sie suchen. Nun ist eine solche Suche auf dieser Seite vorgesehen, also nutzen Sie diese und geben in das entsprechende Feld ein: Terminvereinbarung. Das präsentiert Ihnen dann diese Seite:


Dort finden Sie alles Mögliche, aber nicht das, was Sie gesucht haben. Sie können natürlich Ihre Suchvorgaben präzisieren, z.B.: Terminvereinbarung Bürgerbüro. Aber nun finden Sie nur Pressemitteilungen aus den Jahren 2011 bis 2019, aber immer noch nicht das, was Sie gesucht haben.

Also gehen wir doch mal zu den kommerziellen Anbietern. Das lieferte mir Google:


Die ersten beiden Einträge verweisen auf das Bürgerbüro und die Kfz-Zulassungsstelle. Und der erste Eintrag ist das, was Sie gesucht haben. Nach einem Klick auf den Link landen Sie wieder auf der Seite wiesbaden.de, aber diesmal auf einer Seite, auf der Sie auch den Link zur Online-Terminreservierung finden.

So sollte das sein. So ist dies auch bei Google, aber nicht auf der Seite der Stadt Wiesbaden.

Bei der Google-Suche musste ich 2 Schlagwörter verwenden, denn ich wollte einen Termin in Wiesbaden haben. Das können Sie auch einschränken, indem Sie Google mitteilen, die Suche auf die Seite wiesbaden.de zu beschränken. Hier können Sie dies selbst ausprobieren: Google-Suche nach Terminvereinbarung in Wiesbaden.

Schauen Sie sich bitte das Bild der Google-Suche erneut an. Gesucht hatte ich mit dem Schlagwort Terminvereinbarung, die gelieferte Antwort bezog sich auf Terminreservierung. D.h. Google lieferte Antworten für ein anderes, durchaus passendes Schlagwort. Was sagt denn die Wiesbaden-Seite, wenn man nach diesem Schlagwort sucht:


Aha, jetzt klappt es. Auf der Wiesbaden-Seite muß man die richtigen Schlagworte vorgeben, dann erhält man auch das gesuchte Ergebnis. Aber wehe, Sie kennen die richtigen Suchbegriffe nicht.


Kfz-Zulassung

Aber mal angenommen, Sie suchen gezielt nach einem Termin, um ein Auto anzumelden. Also suche ich und finde dieses:


Natürlich interessiert Sie im Juli 2021, daß die Ämter an Rosenmontag teilweise geschlossen sind (die Mitteilung ist übrigens von 2008). Auch die Pressemitteilung, daß das Bürgerservice-Portal jetzt Online ist (von 2013), hilft Ihnen eigentlich nicht weiter. Und die 100-Tage-Bilanz des Ordnungsdezernenten Dr. Franz hilft Ihnen auch nicht weiter (Pressemitteilung ist von 2014).

Manche Dinge werde mit dem Alter immer besser, die angebotenen Informationen gehören nicht dazu.

Mittendrin finden Sie einen Hinweis: Kraftfahrzeug zulassen (Neu- oder Gebrauchtwagen). Auf dieser Seite beginnt dann Ihre Reise durch die Seite wiesbaden.de, denn Sie müssen dort den richtigen Link finden, der Sie auf eine weitere Seite führt, auf der Sie den richtigen Link finden müssen, der Sie auf eine weitere Seite führt, auf der Sie den richtigen Link finden müssen. Nach einem Klick auf diesen landen Sie auf einer externen Seite und geben dort Ihre persönlichen Daten ein, finden auf dieser Seite aber keinen Hinweis, wofür Sie diese eingeben. Aber mit Gottvertrauen landen Sie dann auf der nächsten Seite und sehen dort, daß Sie u.a. einen Termin bei der Kfz-Zulassungsstelle auswählen können.

Geht dies auch einfacher? Versuchen Sie es doch bitte mal damit: Suche über Google. Da landen Sie dann auch nur in den Tiefen der Seite wiesbaden.de, benötigen aber jetzt 2 Klicks weniger. Oder Sie gehen direkt auf den von Google angebotenen Eintrag Wiesbaden Terminbuchung2) und landen dann direkt dort, ohne Umwege.


Auf der Wiesbaden-Seite sind diese Beispiele keine Einzelfälle. Ich zeige Ihnen an weiteren Beispielen, was Ihnen die Suchfunktion auf dieser Seite vorschlägt, und Sie überlegen sich bitte, ob die Antworten brauchbar sind. Dazu verwende ich einige Ortsteile von Wiesbaden und beginne mit Biebrich, dem größten Stadtteil von Wiesbaden.


Weitere Beispiele

An einigen Beispielen möchte ich Ihnen zeigen, was die Suchfunktion auf der Seite wiesbaden.de vorschlägt und welche Qualität diese Vorschläge haben. Demgegenüber stelle ich die Liste der Vorschläge einer Suchmaschine, die auf der gleichen Seite sucht.

Biebrich

Hier der Vergleich der Suchergebnisse bei einer Suche mit dem Schlagwort biebrich über die eingebaute Funktion und den Ergebnissen der Suche via Google:

Suche nach: biebrich
www.wiesbaden.de www.google.de

Auf der Seite 1 der Liste der Antworten finden Sie u.a. eine Presserklärung zur Bürgersprechstunde in Biebrich. Allerdings stammt diese Presseerklärung aus dem Jahre 2012, ist somit 9 Jahre alt. Auf der Google-Seite finden Sie diese Presseerklärung nicht, vermutlich hält Google sie für veraltet (= sehe ich auch so).

Dotzheim

Also suche ich mal für den nächsten Stadtteil:

Suche nach: dotzheim
www.wiesbaden.de www.google.de

U.a. finden Sie in der Liste der Antworten einen Hinweis auf Straßenbauarbeiten in Dotzheim, aber dieser Hinweis stammt aus dem Jahr 2008. Diese Maßnahmen sollten doch längst abgeschlossen sein, selbst in Wiesbaden. Ausserdem finden Sie einen Hinweis, daß die Dotzheimer Straße in Richtung Dotzheim gesperrt werden wird. Dieser Hinweis ist neueren Datums, stammt aber auch schon aus dem Jahre 2013.

Im Vergleich dazu liefert Google keine solch veralteten Informationen, nur Hinweise auf Texte zur Geschichte von Dotzheim und aktuellen Angeboten. Die findet Google auf der Seite wiesbaden.de

Erbenheim

Nun wohne ich ja in Erbenheim, also suche ich mal danach:

Suche nach: erbenheim
www.wiesbaden.de www.google.de

Neben vielen richtigen Hinweisen bietet die Wiesbaden-Seite auch eine Einladung zur Ortsbeiratssitzung an, die am 22. Januar 2014 stattgefunden hat. Aha. Hochinteressant, aber der Termin ist bereits verstrichen.

Im Vergleich dazu bietet Google Links auf Darstellungen zur Geschichte und Gegenwart von Erbenheim, alle gefunden auf der Seite wiesbaden.de. Insbesondere bietet Google keine Hinweise auf veraltete Termine.

Heßloch

Nachdem das mit den großen Stadtteilen nicht klappte, die Suche mit einem mittelgroßen Stadtteil nicht befriedigend war, versuch ich es einmal mit dem kleinsten Stadtteil:

Suche nach: heßloch
www.wiesbaden.de www.google.de

Auch hier bietet die städtische Seite durchaus Wissenswertes an, aber auch eine Einladung zu einer Sitzung des Ortsbeirates, die am 27. November 2013 stattgefunden hatte. Hmmmmm.

In Vergleich dazu bietet Google Links auf Seiten an, die Informationen über Heßloch enthalten. Allerdings fehlen bei der Google-Suche die Einladungen zu Termin aus der Vergangenheit, zumindest auf den Seiten 1 und 2.


Fazit

Die Formulierung aus der Bibel möchte ich abändern: suchet, so werdet ihr irgendetwas finden. Aber was hat das gefundene Ergebnis mit meiner Suche zu tun? Suchen? Ja. Finden? Eher nicht.

Die Seite wiesbaden.de bietet Ihnen eine Vielzahl von Informationen. Das ist nicht verwunderlich, denn die Stadtverwaltung umfasst vielfältige Bereiche, und zu allen diesen Bereichen sollten Sie auf dieser Seite Informationen finden. Also hilft hier nur eine ausgefeilte Menüstruktur, aber eigentlich hilft Ihnen nur eine Suchfunktion. Eine solche Suchfunktion gibt es auch auf dieser Seite, aber ich rate Ihnen von der Verwendung dieser Funktion ab, da diese Funktion nur dekorativen Zwecken dient. Suchen Sie lieber über die Suchmaschine Ihres Vertrauens.


Persönliche Anmerkung

Es ist für mich unverständlich, daß man auf der Wiesbaden-Seite eine Suchfunktion mit diesem Leistungsumfang überhaupt anbietet. Und unsere gewählten Stadtpolitiker wissen offensichtlich nicht, wie dies aussieht. Oder sie wollen es nicht wissen.


Nationalismus

Bitte gestatten Sie mir einige Anmerkungen aus nationalistischer Sicht.

Es ist für mich völlig unverständlich, daß man für eine solche Aufgabe auf einen Anbieter aus dem Ausland zurückgreifen muß, der an dieser Dienstleistung natürlich ein kommerzielles Interesse hat. Außerdem ist unverständlich, daß ein Anbieter in den USA die Feinheiten der deutschen Sprache (wie Reservierung vs. Vereinbarung) umsetzen kann, während wir dies hier mit Deutsch als Muttersprache nicht hinbekommen.

Können wir so etwas nicht? Oder wollen wir dies nicht können?


Nachtrag

Anmerkungen zur Suchfunktion auf der Seite wiesbaden.de hatte ich vor ca. einem Jahr bereits einmal gebracht (siehe Lessons learned ?). Bereits damals habe ich am Beispiel Terminreservierung bzw. Terminvereinbarung auf die hier beschriebenen Probleme mit der Suchfunktion auf dieser Seite hingewiesen, aber nur als ein Beispiel unter vielen. Damals bezog sich der Text auf die Frage, was wir nach Corona ändern werden bzw. wollen, insbesondere im Bereich Digitalisierung.

Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? Was wurde verbessert? Ich denke, das ist kaum der Rede wert.



Anmerkungen:
2) Bei mir war das der 3. Eintrag in der Antwortliste von Google.