Samstag, 25. März 2017

Was kostet 1 Pfd. WLAN ?


Am 4. März gab es im Wiesbadener Kurier einen Artikel zur Situation des öffentlichen und freien WLANs in Wiesbaden: WLAN weiter nur als Inselchen. In diesem Artikel wurden auch Zahlen zu den Kosten eines öffentlichen WLANs genannt. Und diesen Sachverhalt möchte ich gerne darstellen und mit anderen WLAN-Installationen vergleichen.


Kalkulation der Stadt

Natürlich kostet ein solches WLAN-Angebot Geld. Mit diesen Zahlen rechnet die Stadt Wiesbaden:
Die Durchschnittskosten, um einen Platz mit Internet zu versorgen, liegen laut Magistratsvorlage bei 15.000 bis 20.000 Euro allein für die Installation. Hinzu kämen jährlich rund 20 Prozent für die Unterhaltung.

Quelle: Wiesbadener Kurier: Wiesbaden: WLAN weiter nur als Inselchen

Bei diesen Beträgen schlucke ich erst einmal. Ich habe dann auf PIWI nachgesehen und dieses Dokument gefunden:
Kostenfreies WLAN an öffentlichen Plätzen in Wiesbaden
Beschluss Nr. 0008

Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen:
Es wird zur Kenntnis genommen, dass

1.5  die Ausstattung eines öffentlichen Platzes mit freien WLAN im Durchschnitt mit Einmalkosten von ca. € 15.000 bei jährlichen Betriebskosten von ca. € 3.000 kalkuliert werden muss zuzüglich des Aufwandes zur Koordination der Maßnahmen, die Kosten jedoch je nach örtlichen Gegebenheiten erheblich von den Durchschnittskosten abweichen können,

Quelle: Auszug aus Beschluß zu Tagesordnung Punkt 6 der öffentlichen Sitzung am 7. Februar 2017 des Ausschusses für Bürgerbeteiligung und Netzpolitik
Das ist ein offizielles Dokument, das sind die Kosten, mit denen die Stadt Wiesbaden kalkuliert.


Vergleich mit anderen WLAN-Installationen

Ich will versuchen, an einigen Beispielen die Kosten eines Internetanschlusses bzw. eines WLANs zu verdeutlichen. Dafür habe ich mir 3 Beispiele herausgesucht,

Privater Internetanschluß

Ich will mit meinem eigenen Internetanschluß anfangen. Ich bezahle dafür 38€ im Monat und erhalte einen Anschluß mit einer Leistung von 100 Millionen Bits/Sekunde down (also vom Server zu meinem PC) und 5 Millionen Bits/Sekunde up (also von meinem PC zum Server). Die Installation des Anschlußes wurde von einem Techniker vorgenommen, der dazu über eine Stunde in meinem Keller geschraubt und gedübelt hat; für diese Tätigkeit habe ich nichts bezahlt. Auf der Basis des vorhandenen Internetanschlußes kann ich nun an meinem Router das WLAN einschalten.

Bitte vergleichen Sie diese Zahlen mit den Kosten Ihres Anschlusses, die dürften sich im gleichen Rahmen bewegen..

WLAN am Weinstand in Erbenheim

In Erbenheim gibt es in der Zeit von Mitte April bis Mitte Oktober an praktisch jedem Freitag einen Weinstand, der von den Vereinen betrieben wird, wobei jeder Verein zwei Termine hat. Im Jahr 2016 betrieb die SPD diesen Weinstand am 20. Mai und am 29. Juli; an beiden Tagen gab es neben Wein und essbaren Kleinigkeiten auch ein freies WLAN1). Der Weinstand-Abend war ein Erfolg, was am Wein, am Wetter und an der Stimmung lag. Das WLAN wurde auch genutzt, es waren 13 (20. Mai) bzw. 19 (29. Juli) Teilnehmer am WLAN angemeldet, bei etwa 120 am Weinstand anwesenden Personen.

Aber dieser Text behandelt die Kosten eines solchen öffentlichen und freien WLANs. Also schauen wir uns mal die Geräte an, die verwendet wurden. All dies habe ich schon einmal ausführlich hier im Blog dargestellt1), so daß ich mich kurz fassen kann. Verwendet wurde ein handelsüblicher Router: TP-Link WR1043ND. Die Anbindung an das Internet wurde realisiert über ein SIM-Karte der Telekom. An Kosten für dieses freie WLAN würden somit anfallen:
  • einmalig: für die Anschaffung des Routers ein Betrag von ca. 50€
  • regelmässig: für die SIM-Karte wären pro Abend ein Betrag von jeweils ca. 15€ fällig
Im Rahmen der Vorbereitung des Weinstand-Abends wurde auch der Router aufgestellt und eingeschaltet (=Installation); am Ende des Abends wurde im Rahmen der Aufräumarbeiten der Router ausgeschaltet und eingepackt. Das waren die Kosten für diese Aktion Wein-LAN am Weinstand in Erbenheim, und die eingesetzte Technik war ausreichend für einen Platz von über 200qm, auf dem man an jeder Ecken ausgezeichneten WLAN-Empfang hatte.

Filmnächte in den Reisingeranlagen

In den Sommerferien 2016 fanden auf den Reisingeranlagen am Hauptbahnhof in den Abendstunden Filmvorführungen statt: 19. Open Air Filmfest · Wiesbaden Reisinger Anlagen · 14.07.2016 – 06.08.2016. Hier betrieb Freifunk das WLAN, und da an manchen Abenden bis zu 200 Teilnehmer in diesem Netz angemeldet waren, wurden hier andere Geräte benötigt, es wird also etwas teurer als am Weinstand:
  • für das WLAN wurden diese Geräte eingesetzt: TP-Link CPE210.
    Diese Geräte kosten ca. 50€ pro Stück, 3 dieser Geräte wurden eingesetzt.
  • die Daten, die von diesen Geräten geliefert werden, müssen gebündelt werden. Diese Aufgabe übernimmt ein kleiner Switch, für den ca. 50€ Kosten entstehen
  • diese Daten müssen an einen Internetanschluß weitergeleitet werden. Dazu dienen diese Geräte: NanoBeam ac.
    Diese Geräte kosten ca. 100€ pro Stück, man benötigt 2 davon.
Natürlich benötigt man noch ein bissel Kleinkram wie Halterungen, Kabelbinder etc. Für diesen Kleinkram setze ich hier pauschal 100€ an.

Das waren die einmal zu tätigenden Anschaffungen, sie summieren sich zu einem Betrag von ca. 500€.

Nun müssen die Daten noch ins Internet gelangen, dafür braucht man einen entsprechenden Anschluß. Typischer weise fällt für diesen Anschluß ein Betrag von monatlich 40€ an.

Auch in 2017 will Freifunk wieder die Filmnächte mit WLAN versorgen. Allerdings soll die kommende Aktion mit einer veränderten Technik laufen, man lernt halt dazu, denn es soll eine bessere Lösung werden. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten in Höhe von vermutlich 300€.


Fazit

Würden Sie sich einen Internetanschluß zulegen, wenn Sie für den Anschluß 15.000€ zahlen müssten? Wären Sie bereit, für Ihren Internetanschluß 3.000€ im Jahr zu bezahlen? Vermutlich nicht, aber das sind die Kosten, mit denen die Stadt Wiesbaden rechnet.

Sowohl für Anschlüße bei Privatpersonen als auch ein Internetanschluß für kleinere Personengruppen (siehe Beispiel Weinstand) lassen sich wesentlich preiswerter realisieren, man benötigt dafür keine 10.000€. Auch für grössere Personengruppen (siehe Beispiel Filmnächte) benötigt man keinen Betrag von 10.000€ (im angegebenen Artikel des Wiesbadener Kuriers wurde sogar ein Betrag von 20.000€ genannt).

WLAN verwendet man, da die benötigten Geräte einfach zu installieren sind. Die notwendigen Einstellungen an den Geräten sind (mittlerweile) auch kinderleicht. Und die benötigten Geräte sind preiswert bis billig. Eine Lösung unter Verwendung von WLAN ist somit schnell gemacht, einfach zu bedienen, preiswert und trotzdem leistungsfähig.

Natürlich gibt es Unterschiede in den Preisen und der Leistungsfähigkeit der Geräte. Mit einer Installation wie in einem Privathaushalt kann man nicht das Rathaus in Wiesbaden mit WLAN bedienen. Allerdings wurde bei der Aktion am Weinstand in Erbenheim auch nur ein Gerät verwendet, das für Privatanwender gedacht ist, bei einem Platz mitlerer Größe (etwa 200qm). Zugegeben, das war nur eine provisorische Lösung am Weinstand, eine feste Installation würde andere Kosten verursachen, aber diese Kosten sind weit entfernt von einem Betrag von 10.000€. Und das Beispiel Reisingeranlagen zeigt, daß man auch grössere Gruppen mit WLAN versorgen kann, und das zu durchaus überschaubaren Kosten. Die im vergangenen Sommer auf der Reisingeranlage realisierte WLAN-Installation war wesentlich preiswerter als die entsprechende Lösung am Rathaus in Wiesbaden. Und, ganz nebenbei angemerkt, die Lösung auf der Reisingeranlage war mehr als doppelt so leistungsfähig wie die entsprechende Lösung am Rathaus.

Auf jeden Fall ist in Wiesbaden ein Pfund WLAN ganz schön teuer, sofern es von der Stadt kommt.






Anmerkungen:
1) hier finden Sie die ausführliche Darstellung der Aktion WLAN am Weinstand: