In der letzten Sitzung des Ausschusses für Bürgerbeteiligung und Netzpolitik (siehe 1) in den Anmerkungen) fand sich auf der Tagesordnung (siehe: 2)) ein Antrag der Fraktion Linke & Piraten im Stadtparlament, aus dem ich zitieren möchte:
Die Ortsgerichte bieten den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern einen preisgünstigen Weg, Unterschriften und Abschriften zu beglaubigen, Werte von Immobilien und anderen Gegenständen zu ermitteln, Nachlässe zu sichern und Sterbefallanzeigen für das Nachlassgericht zu erstellen.
Bei genauerem Hinsehen verfügen die wenigsten Ortsgerichte über eine E-Mail-Adresse. Dabei handelt es sich durchweg um private Adressen. Zudem sind beim Ortsgericht I (Rathaus) zur Zeit keine Termine möglich. Insoweit wird auf die Ortsgerichte Bierstadt, Dotzheim/Frauenstein, Kastel/Amöneburg, Kloppenheim/Heßloch, Kostheim, Nordenstadt/Delkenheim, Schierstein und Sonnenberg/Rambach verwiesen.
Quelle: Bürgerservice in Corona-Zeiten, Antrag der Fraktion L&P vom 25.11.2020
Ortsgerichte
Die Stadt Wiesbaden erläutert die Funktion der Ortsgerichte wie folgt:Ortsgerichte sind Hilfsbehörden der Justiz. Sie stehen unter der Dienstaufsicht der Amtsgerichtspräsidentin. Ihre organisatorische Betreuung obliegt der Stadt (Rechtsamt).
Quelle: Merkblatt Ortsgerichte inklusive Standorte
Ortsgerichte sind somit Organe der staatlichen Verwaltung, und in Wiesbaden unterstehen sie dem Rechtsamt der Stadt Wiesbaden. Ihre Tätigkeit muß somit den allgemeinen Grundsätzen der staatlichen Verwaltung unterliegen.
Nun nehmen wir einmal an, daß Sie mit einer Entscheidung eines Mitarbeiters des Ortsgerichts nicht einverstanden sind. Dann legen Sie Einspruch oder Widerspruch gegen diese Entscheidung ein, tragen Ihre Argumente vor und verweisen dabei auf die bisher geführte Kommunikation, die möglicherweise in Form von Mails geführt wurde. Dann müssen beide Seiten den jeweiligen Schriftwechsel offenlegen. Wie sieht das aus bei einer privaten Mailadresse?
Private Mailadressen
Bei der Tätigkeit der Ortsgerichte handelt es sich um staatliche Aufgaben. Ist die Verwendung privater Mailadressen für städtische Vorgänge zulässig? Wie steht es um die Revisionssicherheit der Verfahren, wenn die benötigten Schriftstücke auf privaten Computern liegen? Gibt es überhaupt eine Sicherungen der Mails auf privaten Computern, wenn diese Mailadresse für offiziellen Schriftwechsel verwendet wurde? Sofern es zu einem Streitfall kommt, müssten die entsprechenden Mails offengelegt werden. Wie trennt man dabei die privaten Mails von den Mails, die im Auftrag der Stadt Wiesbaden gewechselt wurden? In einem solchen Streitfall sollten dann doch nicht gleich alle privaten Mails offengelegt werden müssen. Und wie sieht es mit der Dokumentation der Vorgänge aus, denn Bestandteil des Vorganges sind auch die Mails, die gewechselt wurden?Eine kurze Prüfung der Aufstellung der Ortsgerichte in der Stadt Wiesbaden zeigte, daß entweder keine Mailadresse oder eine private Mailadresse angegeben wurde.
Aufwand
Wie groß ist eigentlich der Aufwand bei Erstellung einer Mailadresse?Sie haben sicherlich eine Mailadresse, und vermutlich haben Sie diese schon länger. Können Sie sich noch an den zeitlichen und technischen Aufwand erinnern, diese Mailadresse anzulegen? Ich vermute, daß Sie dafür weniger als 5 Minuten benötigten.
Die Stadt Wiesbaden hat eigene Mailadressen, die auf @wiesbaden.de enden. Kein Ortsgericht hat eine solche Mailadresse.
Kann oder will die Stadtpolitik dies nicht?
Beschluß
Wie wurde der Antrag behandelt? Gab es einen Beschluß? Zustimmung oder Ablehnung? Weiterleitung, Nicht-Behandlung oder ....?Ein Blick in die Niederschrift zu dieser Sitzung sollte darüber Auskunft geben. Schauen wir also hinein:
Das ist der Stand am 17.12.2020, d.h. an diesem Tag lag der Beschluß noch nicht vor, war zumindest nicht über das Politisches Informationssystem Wiesbaden (PIWi) einsehbar. Sie können dies gerne überprüfen, denn die Niederschrift der Sitzung finden Sie hier: Niederschrift.
Nachtrag
Die Niederschrift der Sitzung des Ausschusses am 3. November finden Sie hier: Niederschrift.Davor gab es eine Sitzung am 8. September. Davon liegt die Niederschrift vor: Niederschrift. Sie sehen, so anspruchsvoll ist dieser Text nicht.
Nachtrag zum Nachtrag
Habe vor der Freischaltung des Textes noch einmal alles geprüft und dabei gesehen, daß die Niederschrift der Sitzung vom 3. November jetzt doch schon vorliegt.Anmerkungen: