Freitag, 17. Mai 2019

WLAN für Wiesbaden-Heßloch!


Das Thema WLAN in Wiesbaden ist ein Trauerspiel. Zwar müht sich Freifunk redlich und mit Erfolg, aber in der Stadtpolitik ist das Thema noch nicht angekommen, von Sonntagsreden abgesehen. Und eine Sonntagsrede erklärt der Duden wie folgt: Bei feierlichen Anlässen gehaltene schöne Rede [mit großen, der Realität meist nicht standhaltenden Worten].

In diesem Text möchte ich am Beispiel des kleinsten Wiesbadener Vororts beschreiben, wie das Thema öffentliches WLAN in Politik und Verwaltung dieser Stadt behandelt wird. Konkret geht es um ein WLAN für diesen Platz in Wiesbaden-Heßloch:


Entwicklung

In der Stadtpolitik tat sich zum Thema WLAN schon etwas:

  • Auszug aus einer Vorlage für den Magistrat vom 7.12.2016:
    Es wird zur Kenntnis genommen, dass
    1.1 öffentliches kostenfreies WLAN an Standorten der Stadtverwaltung für Bürgerinnen und Bürger und Gäste über das Netz der Stadtverwaltung angeboten wird und das Angebot kontinuierlich ausgebaut wird

    Quelle: SITZUNGSVORLAGE Nr.16-V-20-0068
  • Exakt dieser Satz wurde am 16. Februar 2017 in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen: „Kostenfreies WLAN an öffentlichen Plätzen in Wiesbaden“
  • Zum Doppelhaushalt 2018/2019 meldete der Ortsbeirat Heßloch u.a. folgendes an: Öffentliches WLAN, kostenfrei für die Bürger, in der Ortsmitte von Heßloch.
  • Im September 2017, also noch vor dem Haushaltsjahr 2018/19, gab es eine Begehung vor Ort in Heßloch. Bei dieser Begehung gab es die Verabredung, dass die Stadt Wiesbaden für ca. 1.000 € das notwendige Gerät kauft.
    Der Verein (Förderverein Kelterhaus Heßloch e.V.) stellt seinen Internetzugang hierfür zur Verfügung.
  • Am 8. Februar 2018 kommt ein Angebot von Wivertis über Lieferung der Hardware und Betreuung für 48 Monate. Kosten zusammen: 2.567 Euro.
  • Das IT-Management der Stadt Wiesbaden sagt die Finanzierung zu und hält den Vertrag für OK.

Und was ist dabei herausgekommen?

Anmerkungen

Bevor ich den aktuellen Stand beschreibe, möchte ich aus dieser Aufzählung einige Punkte herausgreifen und meine persönlichen Anmerkungen dazu machen.

Im September 2017 gab es eine Besichtigung der Örtlichkeit mit dem Ergebnis, daß die Stadt Wiesbaden für einen Betrag von 1.000€ die benötigte Hardware kauft und die Installation vornimmt. Der benötigte Internetanschluß wird vom Förderverein Kelterhaus Heßloch übernommen, also aus privaten Quellen bezahlt. Auf die Stadt Wiesbaden kommt somit nur der kleinere Teil der Kosten zu, dafür darf sie dann das WLAN als ihre Aktivität in der Öffentlichkeit präsentieren.

Etwa 5 Monate später liegt dann dem Ortsbeirat in Heßloch ein Angebot von Wivertis vor, wobei sich die Summe von 1.000 auf 2.500€ verändert hat. Das Angebot beziffert einen Betrag von ca. 300€ für die Hardware, ca. 550€ für die Installation und ca. 35€ Betriebskosten pro Monat für den Zeitraum von 48 Monaten. Unter Betriebskosten verstehen sie die Überwachung des WLANs und die Bereitstellung von Updates für den Router.

Also mal langsam

Sie haben einen Internetanschluß mit WLAN? Was haben Sie für den Router bezahlt? Sofern Sie den Router nicht vom Internetprovider zur Verfügung gestellt bekommen haben, haben Sie vermutlich zwischen 100 und 200€ für dieses Gerät bezahlt. Aber Router in dieser Preislage können auch Telefon, vermutlich schnurlos, vielleicht sogar ISDN, und das mit Anrufbeantworter. Sie können als Mediaserver eingesetzt werden, stellen im Netzwerk einen zentralen Drucker zur Verfügung, haben einen USB-Anschluß für einen Memory-Stick oder eine externe Festplatte usw. Alle diese Eigenschaften sind schön, wenn man sie braucht, aber für eine reine WLAN-Lösung werden sie nicht benötigt. Deshalb reicht hier ein Gerät für vlt. 40€, ein sogenannter Plaste-Router. Das WLAN-Signal ist durch gesetzliche Vorgaben beschränkt, da gibt es kein Premium-WLAN, da kann die Stadt Wiesbaden nur das anbieten, was alle anbieten. Möglicherweise wird der Access-Point im Freien befestigt, wofür man dann ein entsprechendes Gerät benötigt, das mit vlt. 100€ zu Buche schlägt.

Sofern Sie privat einen Internetanschluß haben, dann zahlen Sie für diesen Anschluß pro Monat einen bestimmten Betrag, typischerweise zwischen 25 und 40€ (ohne Fernsehen). Wieviel zahlen Sie zusätzlich für Überwachung des WLANs und Updates der Software im Router? Die Stadt Wiesbaden schlägt hier einen Betrag von ca. 1.700€ (für 48 Monate) vor. Und im Falle Heßloch käme auf diesen Betrag noch ein Betrag für die eigentliche Dienstleistung, die Anbindung an das Internet, hinzu, wobei man der Stadt Wiesbaden angeboten hatte, diesen Betrag auf private Schultern zu legen.

Aktuell, d.h. zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Textes, gibt es in Wiesbaden-Heßloch am angegebenen Platz kein öffentliches WLAN, trotz des Angebots vom Februar 2018, trotz diverser Zusagen seitens der Stadt Wiesbaden.

Andere können es

Im März 2019 war ich im Skiurlaub in einem kleinen Ort in Österreich. Selbstverständlich gibt es dort WLAN:

WLAN in Zauchensee
Ausschnitt aus der Karte des Skigebiets Beschreibung eines Hotspots im Skigebiet

Der Ort Zauchensee hat ca. 50 Einwohner, eine Stadt Wiesbaden hat über 270.000 Einwohner. Der kleine Ort Zauchensee kann es, die grosse Stadt Wiesbaden kann es nicht.

Bei Ihrem nächsten Urlaub schauen Sie sich doch bitte einmal um, ob Sie im Urlaubsort ein öffentliches WLAN finden (natürlich nur, sofern Sie dieses Thema interessiert). Und nach Ihrer Rückkehr stellen Sie sich einmal vor, Sie würden Ihren Urlaub in Wiesbaden verbringen und hätten gerne das gleiche WLAN-Angebot wie in Ihrem Urlaubsort. Noch Fragen?

Politik

In der Stadtpolitik spielt das Thema WLAN schon eine Rolle. Vor ca. 3 Jahren gab es eine Wahl zum Stadtparlament, zu der alle Parteien ihre Programme vorlegten. Und in diesen Programmen fand sich fast überall das Thema öffentliches WLAN; eine entsprechende Zusammenstellung der Programme hatte ich hier schon einmal veröffentlicht: Kommunalwahl in Wiesbaden 2016. Aus all den vielen und schönen Worten in diesen Wahlprogrammen möchte ich hier nur einen Satz herausgreifen:

Die CDU will endlich ein kostenloses öffentliches WLAN-Netz an zentralen Plätzen der Stadt.


VorOrt

Einmal in der Woche landet die Zeitung VorOrt in meinem Briefkasten. Gelegentlich veranstaltet diese Zeitung die Veranstaltung VorOrt auf Tour, wo sich ein Vertreter der Stadtpolitik zusammen mit dem Geschäftsführer von ESWE Verkehr den Fragen der Bürger eines Stadtteils stellt. Am 24. April 2019 fand diese Veranstaltung in Wiesbaden-Heßloch statt. Als Vertreter der Stadtpolitik war Herr Dr. Franz anwesend, an den die Fragen gerichtet wurden. Auch das Thema WLAN für Heßloch wurde angesprochen. Warum es dieses WLAN in Heßloch immer noch nicht gibt, dazu stand nach der Veranstaltung in der Presse:

"Es ist nicht nachvollziehbar", gab Bürgermeister Franz zu. Es gebe wohl Verwaltungsprobleme.

Quelle: VorOrt vom 27.4.2019 Seite 1, leider nicht Online verfügbar

In der Veranstaltung wurde angegeben, daß immer noch kein Router bestellt worden sei, denn auch die Bestellung eines Routers müsse gemäß den allgemeinen Verwaltungsvorschriften durchgeführt werden.

Schauen Sie doch bitte einfach mal auf dieser Seite von Amazon nach: WLAN Router. Das billigste Gerät beginnt bei 14€, und genau dieses Gerät hat uns bei der Aktion WLAN am Weinstand in Erbenheim gute Dienste geleistet. Bei praktisch allen gelisteten Geräte erfolgt die Lieferung innerhalb von 48 Stunden, allerdings geschieht dies ohne Beteiligung der Stadt Wiesbaden.

Seit der Veranstaltung VorOrt auf Tour in Heßloch sind inzwischen 3 Wochen vergangen. Die letzte Aussage zu diesem Thema lautete: „Es gibt Lieferschwierigkeiten bei der bestellten Antenne“. Schauen Sie sich doch bitte die Angebote auf der Amazon-Seite an. Dort sind die Antennen der jeweiligen Router immer dabei.

Bitte schauen Sie auf der Amazon-Seite nach, Sie müssen dort ja nichts kaufen.


Bewertung

Im September 2017 gab es eine Zusage für das öffentliche WLAN in Heßloch, aber getan hat sich bis heute nichts. Wenn die Stadtpolitik kein öffentliches WLAN will, warum sagt sie das dann nicht?

In Wiesbaden bleibt das Thema öffentliches WLAN ein Trauerspiel.