Zum Thema Impftermine in Hessen hatte ich mich hier schon deutlich geäussert1). Manchmal sollte man über den Tellerrand schauen, denn woanders sieht es vielleicht anders aus. Ein Kollege aus Bayern hat mir einen Bericht über seine Erfahrungen geschickt, aus dem ich zitieren möchte:
Ich musste mich beim BIZ - Bayrisches Impfzentrum registrieren. Dabei muss man ein Passwort vergeben. Jedes noch so komplizierte Passwort hat das Programm nicht angenommen. Nach etlichen Versuchen habe ich den Hinweis im Programm befolgt, mir vom Programm ein Passwort vorschlagen zu lassen. Folgendes Passwort schlug mir das Programm vor: "2wD5JXrsRTpm8QZ". Gut, schwierig zu merken, aber man kann das ja aufschreiben. Also verwende ich dieses Passwort. Was sagt mir das Programm nun? Dieses Passwort wurde mit dem Hinweis abgelehnt, es fehle ein Sonderzeichen!
Also gut, noch ein Sonderzeichen in das Passwort eingefügt und danach wurde das Passwort akzeptiert. Bestätigungsmail erhalten und Formulare ausgefüllt, alles ok. Bei meiner Frau dasselbe Spiel. Aber, sie hat sich das Passwort nicht gemerkt....
Ich habe meine Erfahrung gesammelt, als die erste Welle geimpft werden sollte. Ich möchte mir garnicht ausmalen, wie ein 80 -90 Jahre alter Impfling mit so einer Situation umgegangen ist. Die Telefon-Warteschleife betrug bei uns mehrere Stunden.
Quelle: Kollege aus der IT-Branche aus Bayern
Bewertung
Als Softwareentwickler finde ich das Verhalten des Programms merkwürdig. Wobei mir insbesondere das Thema Projektmanagement auffällt.Wenn ich Software schreibe, dann muß diese Software abgenommen werden. Dies bedeutet u.a., daß der Auftraggeber die Software prüft, ob sie die geforderten Aufgaben erledigt. Und zu dieser Prüfung gehört ein Test der Möglichkeiten der Software. Getestet wird dabei nicht nur das Funktionieren, also den "guten" Fall, dazu gehört auch das Erkennen und Abfangen von Fehlern, die im Rahmen der Verarbeitung auftreten können.
Diese Software schlägt ein Passwort vor, das von dieser Software nicht akzeptiert wird. Wurde diese Software einmal getestet? Und zwar, bevor sie auf die Menschheit "freigelassen" wurde?
Ach wäre das schön, wenn ich Software schreiben und abliefern könnte, die einfach nur bezahlt werden würde, ohne daß vorher jemand auf Herz und Nieren prüfen würde. Es gibt da Unternehmen, die haben eigene Abteilungen für solche Zwecke. Und in einem solchen Unternehmen kenne ich in der entsprechenden Abteilung jemanden, der mich da ziemlich geärgert hatte...... (Sie hatte meistens recht. So in 70% der Fälle, soviel gebe ich freiwillig zu).
Zurück zum Thema Impftermine, sei es in Hessen oder Bayern. Eine Frage drängt sich dabei auf: Was können wir eigentlich?
"im Großen und Ganzen"
Der Kollege aus Bayern wies noch auf einen Artikel in der Sueddeutschen Zeitung hin. Dort findet man eine breiter gefasste Darstellung der Probleme in Bayern im Zusammenhang mit der Anmeldung zur Impfung:Wer sich in Bayern für die Corona-Impfung registrieren lassen will, kann dabei auf allerlei Hindernisse stoßen. Das Gesundheitsministerium räumt Fehler ein - und verrät einige Tricks, wie die Anmeldung im Online-Portal gelingen kann.
Quelle: "Anrufbeantworter, kein Impfstoff - keine Termine, fertig" in der Sueddeutschen Zeitung vom 29. Januar 2021
In diesem Text möchte ich folgende Aussagen hervorheben:
Bei Mail-Adressen mit Unterstrich könne es "noch zu Anmeldeproblemen kommen".
Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat erst jüngst "Kinderkrankheiten" beim neuen Portal eingeräumt.
Das Projekt sei "eindrucksvoll gelungen".
Quelle: "Anrufbeantworter, kein Impfstoff - keine Termine, fertig" in der Sueddeutschen Zeitung vom 29. Januar 2021
Mit einer Software von dieser Qualität sollen wir uns zum Impfen anmelden. Das mutet uns unsere Politik zu.
Eine Ebene höher gab es auch eine Stellungnahme unserer Bundeskanzlerin zum Thema Corona-Pandemie:
In der Corona-Pandemie schneidet Deutschland im internationalen Vergleich bei den Impfungen bisher nicht besonders gut ab. Bundeskanzlerin Merkel sieht das Land insgesamt jedoch auf einem guten Weg aus der Krise.
Quelle: „Ich glaube, dass im Großen und Ganzen nichts schief gelaufen ist“ im Video auf WELT.de vom 3.2.2021
Ah so, es ist nichts schief gelaufen, im Großen und Ganzen, sagt unsere Kanzlerin. Die von mir angegebenen Beispiele sprechen eine andere Sprache.
Anmerkungen: