Dienstag, 22. März 2022

"Frau Kastl, sie müssen uns helfen, diese Zettelwirtschaft abzuschaffen"


So lautete die Überschrift eines Vortrags auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs, gehalten am 27.12.2021. Aus der Einleitung dieses Vortrages möchte ich zitieren:

Mit diesem Anruf begann im August 2020 eine ziemliche abenteuerliche Reise durch die wunderbare Welt der Digitalisierung in einem Gesundheitsamt – noch viel weiter ...

Ein Erfahrungs- und Statusbericht über 15 Monate Digitalisierungsbemühungen im Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdiensts.

Quelle: Digitalisierung. In einer Pandemie. Im Gesundheitsamt!

Den vollständigen Vortrag finden Sie hier:



Wie alles anfing

Seit über 2 Jahren beschäftigt uns dieses Virus, denn bereits am 31.12.2019 konnte man auf der SPIEGEL-Seite lesen:

Quelle: DER SPIEGEL vom 31.12.2019


Wie es heute aussieht

Wie sieht das mittlerweile aus? Aktuell steigen die Zahlen der positiv getesteten Personen in praktisch allen Kreisen dieser Republik. Inzidenzen, R-Wert, Hospitalisierung, ....

Schlagworte oder Kennzahlen schwirren durch die Diskussion und es entsteht der Eindruck, daß nichts funktioniert. Immer noch nicht, obwohl wir seit 2 Jahren mit diesem Virus kämpfen. Und dazu fand ich im Internet dieses Bild:


Gefunden habe ich dies Ende November auf Twitter: Pandemie-Bekämpfung in Deutschland in einem Bild. Die Infektion mit dem Corona-Virus fand statt am 11.November 2021, deshalb wird eine häusliche Quarantäne vom 11. November bis zum 21. November 2021 angeordnet. Bitte schauen Sie auf das Datum des Schreibens: erstellt wurde dieses Schreiben am 24. November 2021, also 3 Tage nach Ende der Quarantäne. Wie begeben Sie sich rückwirkend in Quarantäne?

Ist das Fake News? Im Internet liest man ja so vieles, aber diese Information scheint zu stimmen, denn diverse Zeitungen bestätigen solche und ähnliche Geschichten:


Und in Wiesbaden?

Das war nun Hamburg, aber in Wiesbaden sieht es nicht viel besser aus. Eine Bekannte hatte Kontakt zu einer Person, bei der eine Corona-Infektion festgestellt wurde. Auf Anfrage beim Gesundheitsamt wurde ihr mitgeteilt, daß man baldmöglichst auf sie zukommen werde. Sie begab sich freiwillig in Quarantäne, vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber Home-Office und hielt sich daran. Nach Ablauf ihrer Quarantäne bekam sie einen Anruf vom Gesundheitsamt, daß sie in Kontakt mit einer infizierten Person war und sich deshalb sofort in Quarantäne zu begeben habe. Eine entsprechende schriftliche Anweisung würde noch folgen. Immerhin war das Gesundheitsamt so einsichtig, auf die schriftliche Anordnung zu verzichten, nachdem man dem Vertreter den Sachverhalt und insbesondere den zeitlichen Ablauf erklärte.

Und dies scheint nicht der einzige Fall in Wiesbaden gewesen zu sein. Aber mittlerweile wurde die Verfolgung der Kontakte und Anordnung von Quarantäne in vielen Gesundheitsämtern eingestellt.


Immer wieder diese Digitalisierung

Was haben wir alle gelacht bei der Erläuterung, daß die Informationen via FAX weitergereicht werden. Beschrieben hatte ich dies bereits vor ca. 2 Jahren: Es lebe das FAX-Gerät.

Klar, da fehlt die Digitalisierung. Falls dies jemand noch bezweifelte, so wurde er von der Corona-Pandemie eines besseren belehrt. Daten werden ausgedruckt, von Hand in Computer übertragen, wieder ausgedruckt und dann per FAX an die nächste Stelle übermittelt. Das geht besser und zuverlässiger, wie jeder aus der IT-Branche weiß.

So sehen die Abläufe aus:

Quelle: Vortrag von Frau Kastl, Slide #20

Bitte beachten Sie den zeitlichen Verzug zwischen den einzelnen Schritten. Beim RKI nannte man dies "Meldeverzug" und man behalf sich, in dem man Zahlen schätzte:

Durch den Meldeverzug sind die Daten die letzten Tage in der Grafik noch unvollständig und füllen sich mit den in den kommenden Tagen nachfolgend übermittelten Daten auf.

Quelle: COVID-19-Dashboard mit täglich aktualisierten Fallzahlen

Der Karikaturist Klaus Stuttmann hat die Situation wunderschön zusammengefasst. Leider ist es nicht so einfach, das Werk eines Menschen, der von seiner Arbeit lebt, hier wiederzugeben. Deshalb geben ich Ihnen nur den Link auf dieses Bild: Die deutschen Behörden endlich digitalisieren!!. Genauso ist es. Besser kann man es nicht darstellen.

Frau Kastl hat den gleichen Sachverhalt in ihrem Vortrag so dargestellt:

Quelle; Vortrag von Frau Kastl, Slide #18


QR-Codes

Immerhin haben wir Bürger in der Pandemie den Umgang mit QR-Codes gelernt. Eigentlich eine praktische Sache. Aber nichts ist so gut, als daß man es in Deutschland nicht doch noch vermurksen könnte.

Vor einigen Tagen erschien in der WELT folgender Text:

Bis zum vergangenen Freitag wurden 204,7 Millionen digitale Zertifikate über erfolgte Corona-Impfungen ausgegeben, wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) mitteilte. Allerdings wurden dem Ministerium zufolge bis zu diesem Montag „nur“ 162,1 Millionen Dosen für Erst-, Zweit- und Drittimpfungen gespritzt, also 42,6 Millionen weniger.

Quelle: Über 42 Millionen mehr Impfzertifikate ausgestellt als Impfdosen verabreicht, veröffentlicht am 27.01.2022

Ein Bekannter hat sich gegen Corona impfen lassen. Nach jedem Impftermin fand er zwei Briefe in seinem Briefkasten, sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Impfung. Alle 4 Briefe enthielten einen QR-Code als Nachweis der jeweiligen Impfung. In beiden Fällen wurden 2 Zertifikate für eine Impfung ausgestellt, insgesamt also 4 Zertifikate für 2 Impfungen.

Diesen Vorgang kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Am 17. Januar 2022 habe ich mich gegen Corona impfen lassen, die sog. Booster-Impfung. Nach der Impfung bin ich mit dem gelben Impfausweis zur Apotheke gegangen und habe mir das Zertifikat ausstellen lassen, das ich danach in die Corona-Warn-App eingelesen habe. So schön so gut, aber doppelt hält besser, denn am 3. März erhielt ich ein Schreiben des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, mit dem man mir den QR-Code für die Impfung vom 17.1. zusandte. Nun dauerte es 6 Wochen, bis ich dieses Schreiben erhielt und hätte somit in diesen 6 Wochen ohne entsprechenden Nachweis dagestanden. Möglicherweise hätte man mich auch an bestimmten Veranstaltungen nicht teilnehmen lassen. Aber glücklicherweise hatte ich ja bereits das Zertifikat aus der Apotheke auf meinem Handy. Und natürlich unterscheiden sich die beiden QR-Codes, so daß vermutlich meine Impfung vom 17. Januar zweimal gezählt wurde. Schöne Statistik.

Offensichtlich hat das RKI und somit die Politik keinen Überblick über den Stand der Krankheit. Zwei Jahre nach Beginn der Pandemie.

Und diese Entwicklung geht weiter:

Das Robert-Koch-Institut gibt den Anspruch auf, die Zahl der Corona-Fälle präzise zu erfassen. Damit verliert nun auch noch die wichtige Fallzahlstatistik an Glaubwürdigkeit. Für die Bürger ist die Kapitulation der Behörde ein Ärgernis.

Quelle: Die Kapitulation des RKI

Ab sofort wird nicht mehr gezählt, jetzt wird geschätzt. So etwas machen unsere Politiker, zumindest dulden sie es.


Was kann man tun?

Die Antwort auf diese Frage möchte ich Ihnen überlassen. Aber die letzte Aussage aus dem Vortrag von Frau Kastl möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:

Quelle: Vortrag von Frau Kastl, Slide #46